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Vermisstenfälle

Der Deutsche, der auf Mallorca spurlos verschwand: Fall Detlev G. ist bis heute ein Rästel

Was zunächst wie eine harmlose Bergtour aussah, wurde bald zu einem der mysteriösesten Vermisstenfälle der Insel – und er ist bis heute ungelöst

Detlev G. verschwand 1987 auf Mallorca spurlos | Foto: Archiv

| Palma, Mallorca |

Es war der 3. Januar 1987 – ein Tag, der auf Mallorca in die Kriminalgeschichte einging. Während eine seltene Schneedecke den Puig Major und die Serra de Tramuntana in eine fast märchenhafte Winterlandschaft verwandelte, machte sich der deutsche Musiker Detlev G. auf zu einem Ausflug nach Sóller. Doch der Mann, Anfang dreißig, kehrte nie zurück. Was zunächst wie eine harmlose Bergtour aussah, wurde bald zu einem der mysteriösesten Vermisstenfälle der Insel. An den Fall erinnert an diesem Montag die spanischsprachige MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" in ihrer Rubrik relatos en negro (frei übersetzt: dunkle Geschichten)

Ein Musiker und seine Faszination für die Berge

G., ein bekannter Musiker in der Insel-Szene, lebte schon seit einiger Zeit auf Mallorca. Freunde beschrieben ihn als freiheitsliebend, naturverbunden – und geradezu besessen von den Gipfeln der Serra. An jenem Morgen erzählte er seinen Bekannten, er wolle nur für ein paar Stunden hinaus in die verschneite Bergwelt. Es sollte ein kurzer Ausflug werden. Doch aus den wenigen Stunden wurde ein Verschwinden, das bis heute Fragen aufwirft.

Neun Tage ohne Anzeige

Merkwürdig war schon der Beginn der Ermittlungen. Erst am 12. Januar – ganze neun Tage nach seinem letzten Lebenszeichen – meldete jemand den Musiker bei der Guardia Civil als vermisst. In einer Zeit, in der man meist 24 Stunden abwartete, bevor man eine Anzeige erstattete, war diese lange Verzögerung höchst ungewöhnlich.

Frauen, Freunde und viele Gerüchte

Bald überschlugen sich die Schlagzeilen in den lokalen Medien. Die Zeitungen berichteten täglich über den verschwundenen Deutschen. Auffällig war auch der Kreis an Frauen, die sich um den Musiker scharten: Obwohl verheiratet, suchten mehrere enge Freundinnen die Ermittler auf, gaben Hinweise oder verlangten Auskünfte. Eine US-amerikanische Violinistin, eine mallorquinische Geschäftsfrau – sie alle tauchten in den Ermittlungsakten auf. Auch seine eigene Ehefrau reiste vom Festland nach Palma, ebenso wie Mutter und Schwester. Gemeinsam hofften sie, dass Detlev noch lebend gefunden würde.

Ein grausiger Fund – aber nicht Detlev

Dann, am 3. Mai 1987, die Schockmeldung: Nahe der Torre de ses Ànimes bei Estellencs wurde eine Leiche gefunden – ein Mann, der offenbar von einer Klippe in den Tod gestürzt war. Jeans, Jacke, Turnschuhe, dazu ein Bündel D-Mark im Gepäck. Alles schien zunächst zu passen. Doch schnell zeigte sich: Der Körper war so stark verwest, dass man kaum Details erkennen konnte. Und es gab Merkwürdigkeiten. Die Beine waren auf unnatürliche Weise gebrochen – Spuren, die weniger auf einen Unfall, sondern eher auf Folter hindeuteten.

Kurz darauf die Gewissheit: Der Tote war tatsächlich ein Deutscher – aber nicht Detlev G.. Der Mordfall wurde später in Verbindung gebracht mit dem brutalen Verbrechen an Dagmar Sprenger, einer Deutschen, die von der Mafia zerstückelt in einer Badewanne aufgefunden wurde.

Ein Fall ohne Antwort

Für die Familie und Freunde von Detlev G. war es ein Schlag. Wochenlang suchten sie weiter – doch irgendwann mussten auch sie akzeptieren, dass jede Spur fehlte. Der Musiker blieb wie vom Erdboden verschluckt. Und bis heute stellt sich die Frage: Was geschah wirklich an jenem verschneiten Januartag? Verirrte er sich in den Bergen? Wurde er Opfer eines Verbrechens? Oder begegnete er jemandem, der ihm zum Verhängnis wurde? Das Verschwinden von Detlev G. bleibt eines der großen ungelösten Rätsel Mallorcas.

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