Bei einer abrupten Vollbremsung eines Überlandbusses des öffentlichen Verkehrsnetzes Transport de les Illes Balears (TIB) sind am Montagnachmittag in Palma de Mallorca acht Menschen leicht verletzt worden. Der Vorfall ereignete sich in einer Zeit, in der Mallorcas Überlandbus-System ohnehin unter Druck steht – mit steigenden Fahrgastzahlen, überlasteten Fahrern und anhaltenden Arbeitskonflikten.
Unfall und Rettungseinsatz in Palma
Der Unfall geschah gegen 17.30 Uhr in der Calle Andrea Dòria, auf Höhe des im Wiederaufbau befindlichen einstigen Krankenhausareals Son Dureta. Der Bus, der im Linienverkehr der TIB eingesetzt war, musste plötzlich stark bremsen. Mehrere Fahrgäste wurden dabei nach vorne geschleudert und erlitten Prellungen und Schürfwunden.
Der Fahrer setzte die Fahrt noch bis zur Endstation im Busbahnhof von Palma fort, wo er selbst den Notruf wählte. Laut dem Rettungsdienst Samu 061 rückten drei Krankenwagen, ein Logistikfahrzeug und ein Sanitätskommandowagen aus. Acht Personen wurden vor Ort behandelt, sieben kamen zur weiteren Untersuchung in Kliniken: zwei in die Clínica Juaneda, zwei in die Clínica Rotger und drei in das Krankenhaus Palmaplanas. Die Polizei ermittelt, ob ein technischer Defekt, ein Ausweichmanöver oder menschliches Versagen zum abrupten Bremsvorgang geführt hat.
TIB – öffentlich finanziert, privat betrieben
Das "Transport de les Illes Balears (TIB)" ist das von der Balearen-Regierung organisierte Überlandbus-System, das aber von privaten Unternehmen betrieben wird. Es verbindet alle Gemeinden der Insel mit Palma und spielt eine zentrale Rolle im Pendler- und Tourismusverkehr. Laut offiziellen Angaben umfasst die Flotte derzeit 201 mit Erdgas betriebene und 18 Elektrobusse. Bis 2026 sollen weitere 27 Fahrzeuge hinzukommen, womit die Gesamtzahl auf 257 Busse anwächst. Zehn neue Gelenkbusse mit bis zu 75 Sitzplätzen wurden bereits in Betrieb genommen, vor allem auf stark frequentierten Linien wie 401 (Cala Millor-Palma) oder den Aerotib-Linien zum Flughafen. Im ersten Quartal 2025 nutzten über 6,3 Millionen Fahrgäste die TIB-Busse – ein Plus von rund 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Fahrer beklagen Überlastung – Streiks seit dem Sommer
Der Vorfall fällt in eine Zeit wachsender Spannungen zwischen den Busfahrern und den Betreibern. Bereits im Juli hatten Fahrer unbefristete Streiks angekündigt, nachdem Verhandlungen über bessere Arbeitsbedingungen gescheitert waren. Bei Demonstrationen in Palma machten sie mit Transparenten wie "DEP convenio colectivo" ("RIP Tarifvertrag") auf ihre Lage aufmerksam. Sie klagen über zu lange Schichten von bis zu neun Stunden täglich, unzureichende Pausen und steigende Belastung durch den wachsenden Fahrgastandrang. Der Arbeitskampf führte zu erheblichen Einschränkungen im Liniennetz, insbesondere im Sommerverkehr.
"Wir sind am Limit", sagte ein Sprecher der Gewerkschaft UGT. "Die Fahrer sind erschöpft, und die Sicherheit leidet darunter." Auch an Palmas Flughafen verteilten Streikende Flugblätter an Touristen, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Ende August einigten sich die Parteien auf eine vorübergehende Aussetzung des Streiks, um weitere Gespräche zu ermöglichen.
Öffentliches Verkehrsnetz unter Druck
Das TIB-System gilt als Rückgrat des öffentlichen Verkehrstransportes auf Mallorca – und als Beispiel für den Balanceakt zwischen staatlicher Finanzierung, privater Ausführung und wachsender Nachfrage. Doch die steigende Auslastung bei stagnierenden Arbeitsbedingungen zeigt, wie anfällig das System geworden ist.
Der aktuelle Zwischenfall mit acht Verletzten verdeutlicht einmal mehr, dass nicht nur technische Zuverlässigkeit, sondern auch Personalstabilität entscheidend für die Sicherheit im Nahverkehr sind. Ob die Ursachen für die Vollbremsung menschlich oder mechanisch waren, ist noch unklar – doch sie trifft ein System, das längst unter Hochspannung steht.