Viele Mallorca-Besucher erleben derzeit eine unerwartete und ärgerliche Überraschung, sobald sie wieder in Deutschland sind. Die Stadt Palma hat nämlich damit begonnen, Bußgelder gegen Autofahrer mit ausländischem Kennzeichen auszustellen, die in die städtische Umweltzone (Zona de Bajas Emisiones – ZBE) einfahren. Besonders häufig trifft es deutsche Touristen, die mit dem eigenen Auto nach Mallorca übersetzen. Doch auch Teilzeit-Residenten, die ihren Wagen mit deutschem Kennzeichen auf der Insel nutzen, sind betroffen – und fühlen sich zunehmend verunsichert.
Eine Umweltzone, die zur "Falle" wird
Die Beschwerden – auch von MM-Lesern – häufen sich: Immer mehr Betroffene berichten, dass sie Wochen nach ihrer Rückkehr Bußgeldbescheide aus Palma erhalten. Die Strafen belaufen sich in der Regel auf 200 Euro pro Verstoß und werden als "schwerwiegend" eingestuft. In vielen Fällen wissen die Fahrer nicht einmal, wann und wo genau sie in die Umweltzone eingefahren sein sollen.
Dass es zu der momentanen Welle an Bußgeldern kommt, liegt an der schrittweisen Einführung der Umweltzone, die Palma bereits im vergangenen Jahr beschlossen hat. Bis zum 30. Juni dieses Jahres galt allerdings eine Schonfrist, während der keine Strafen erhoben wurden – auch, weil die technischen und organisatorischen Voraussetzungen noch nicht vollständig geschaffen waren. Seit dem 1. Juli gibt es jedoch keine Ausnahmen mehr: Fahrzeuge ohne gültige spanische Umweltplakette werden automatisch erfasst und sanktioniert.
Ausländische Fahrzeuge können die Plakette gar nicht erhalten
Die eigentliche Brisanz liegt jedoch darin, dass ausländische Fahrzeuge formal gar keine spanische Umweltplakette beantragen können. Das System ist ausschließlich für in Spanien zugelassene Fahrzeuge ausgelegt. Damit wird der Großteil der Urlauber – die mit eigenem Wagen anreisen – faktisch von der Einfahrt in die Innenstadt ausgeschlossen.
Aber: Die Stadt Palma sieht eigentlich eine Ausnahme für ausländische Pkw vor: Wenn deren Halter in der Umweltzone wohnen oder einen festen Parkplatz dort gemietet haben, können sie sich registrieren lassen. In diesem Fall würde die Einfahrt vom Bürgeramt genehmigt. Doch diese theoretische Möglichkeit scheitert derzeit an der Praxis.
Registrierung in der Theorie möglich – in der Realität unmöglich
Der Online-Prozess, über den die Registrierung erfolgen soll, ist laut MM-Lesern seit Monaten nicht erreichbar. Betroffene berichten übereinstimmend, dass der Link auf der städtischen Website zu Fehlermeldungen führt. Weder ein Anmeldeformular noch eine funktionierende Eingabemaske seien verfügbar. Und: Der alternative Gang aufs Amt birgt ebenfalls Tücken.
Ein Selbsttest eines MM-Reporters im Bürgerbüro an der Plaça Cort bestätigte das Problem vor Ort: Eine Mitarbeiterin erklärte, man wisse weder, wie die Registrierung ausländischer Fahrzeuge genau ablaufen solle, noch, wie lange ein solcher Antrag dauern würde. Es gebe keine klaren Vorgaben, keine interne Handlungsanweisung und keine Möglichkeit, den Prozess manuell zu starten oder zu begleiten.
Stadt und spanische Verkehrsbehörde widersprechen sich
Die ohnehin undurchsichtige Lage wird zusätzlich kompliziert, weil sich die Aussagen der Stadt Palma mit denen der spanischen Verkehrsbehörde DGT widersprechen. Während Palma darauf verweist, dass ausländische Fahrzeuge keine ausreichende Umweltklassifizierung vorweisen könnten, sieht die DGT das anders: Sie erkennt die Umweltplaketten bestimmter EU-Länder – darunter Deutschlands – offiziell an. Fahrzeuge mit deutscher grüner Umweltplakette gelten in Spanien daher grundsätzlich als emissionsarm und dürften nach Ansicht der DGT eigentlich auch in spanische Umweltzonen einfahren. Diese Haltung ist auf der Website der Behörde klar dokumentiert und entspricht der europäischen Linie zur gegenseitigen Anerkennung von Umweltklassifizierungen.
Palmas Rathaus argumentiert im Gegensatz dazu, man könne die relevanten Daten aus dem Ausland technisch nicht zuverlässig abrufen. Die Kameras erfassen die Kennzeichen, hätten aber keine Möglichkeit, die jeweilige Umweltkategorie zu überprüfen. Aus Gründen der Gleichbehandlung verbiete man deshalb generell die Einfahrt für Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen per Verordnung – ungeachtet ihrer tatsächlichen Umweltleistung. Eine Sprecherin der Stadt erklärte gegenüber der spanischsprachigen MM-Schwesterzeitung Ultima Hora, die Systeme der verschiedenen europäischen Länder seien noch nicht kompatibel. Man könne nicht sicher feststellen, ob ein Fahrzeug die Voraussetzungen zur Einfahrt erfülle oder nicht. Die verhängten Bußgelder hält die Stadt daher für gerechtfertigt.
Einspruch oder zahlen? Beides riskant
Viele Betroffene zahlen ihr Knöllchen aus Unsicherheit über die Rechtslage. Wer das Bußgeld freiwillig begleicht, kann den Betrag auf 100 Euro reduzieren – dieser Rabatt entfällt jedoch, sobald Einspruch eingelegt wird. Zugleich ist unklar, wie hoch die Erfolgsaussichten eines Einspruchs tatsächlich sind, denn formal ist das Befahren der Zone ohne Plakette unzulässig. Ob die städtische Verordnung aufgrund möglicherweise höherrangigen nationalen oder EU-Rechts künftig aufgehoben wird, bleibt abzuwarten.