Die Gründe, nicht mit dem Flugzeug, sondern auf dem See- und Landweg von Mitteleuropa nach Mallorca (oder in umgekehrter Richtung) zu reisen, sind vielfältig. Manch einen zwingt die Flugangst dazu, diese Alternative zu wählen. Andere wiederum wollen sich unterwegs die Gegend ansehen, ihr Auto von hier nach dort überführen, große Mengen Gepäck transportieren oder ihrem Vierbeiner die stressige Flugreise ersparen. Auch die negativen Auswirkungen auf die Umwelt mögen den einen oder anderen dazu bewegen, lieber auf das Flugzeug zu verzichten.
Bislang aber ist es noch eine kleine Minderheit, die das tut. Das belegt ein Blick auf die Statistik. Während am Flughafen Son Sant Joan im Jahr 2023 erstmalig mehr als 30 Millionen Passagiere abgefertigt wurden, waren es am Hafen in Palma lediglich eine Million Passagiere auf den Fähren, die auf den Routen zum Festland sowie zu den Nachbarinseln verkehren.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Fliegen geht zum einen viel schneller. In zwei, drei Stunden schafft man es von praktisch jedem beliebigen Flughafen in Mitteleuropa auf die Insel. See- und Landweg dagegen sind in weniger als 24 Stunden kaum zu bewältigen. Dazu kommt: Flugtickets sind weiterhin recht günstig. Wer früh bucht oder flexibel ist, zahlt in der Regel weniger als 100 Euro pro Strecke. Das kostet im anderen Fall allein die Fähre.
Dieses Missverhältnis aber dürfte sich in den nächsten Jahren zumindest abschwächen. Verkehrsexperten sind sich nämlich weitgehend einig, dass die Preise für Flugtickets steigen werden. Die EU hat kürzlich verpflichtende Quoten zur Beimischung nachhaltiger Treibstoffe festgelegt, was für die Fluggesellschaften deutlich höhere Kosten bedeutet im Vergleich zu rein fossilem Kerosin. Die bis zum Jahr 2050 angepeilte Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen der europäischen Luftfahrt auf null wird Schätzungen zufolge rund 820 Milliarden Euro kosten.
Der große Nachteil des Fliegens nämlich ist dessen negative Umweltbilanz. Der Treibhausgasausstoß einer Reise auf dem See- und Landweg ist deutlich niedriger. Daher gibt es seit einiger Zeit vermehrte Anstrengungen, die Menschen zum Umsteigen zu bewegen. Ein Beispiel: Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Projekt „Klimaschutz auf der Mittelstrecke – Flugzeug- und auto-freies Reisen in Europa” des Zentrums für Nachhaltigen Tourismus an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde.
Dieses hat 22 beliebte europäische Urlaubsreiseziele mit Anreisestrecken zwischen 1000 und 3000 Kilometern analysiert, darunter Mallorca. „Bisher nur wenig wissenschaftlich beleuchtet war die CO2-Effizienz der Verkehrsmittel im Vergleich”, heißt es in der Untersuchung. „Daher wurden im Projekt 770 Verbindungen und Verkehrsmittelvarianten hinsichtlich ihrer CO2-Emissionen berechnet.” Das Ergebnis im Falle der Balearen: Bei einem Direktflug liegt der Pro-Kopf-Ausstoß klimaschädlicher Gase fast siebenmal so hoch wie bei einer Anreise mit Bahn und Fähre, mehr als dreimal so hoch wie bei Bus und Fähre und noch immer fast doppelt so hoch wie bei einer Auto- und Fährfahrt mit vier Personen.
Mallorcas Anbindung auf dem Seeweg an das Festland ist in den vergangenen Jahren besser geworden. So gibt es mittlerweile vier verschiedene Anbieter, die für Reisen nach Mitteleuropa infrage kommen: Corsica Ferries verbindet im Sommer Alcúdia mit dem südfranzösischen Toulon, wobei dies mit 15 Stunden Dauer die längste Überfahrt ist. Die Trasmed- und Baleària-Fähren brauchen für die Strecke zwischen Palma und Barcelona etwa acht Stunden, für die zwischen Alcúdia und Barcelona zwei Stunden weniger. GNV verkehrt zwischen Palma und Barcelona. Die Ticketkosten variieren je nach Jahreszeit stark. Auch die Mitnahme eines Fahrzeugs treibt den Preis in die Höhe. Wer als Resident auf den Balearen gemeldet ist, bekommt allerdings 75 Prozent Rabatt bei innerspanischen Reisen.
Wer nicht mit dem eigenen Pkw unterwegs ist, hat von der katalanischen Hauptstadt aus mehrere Möglichkeiten. Flixbus bietet Verbindungen nach Deutschland für weniger als 100 Euro an. Allerdings muss man eine Gesamtfahrzeit von deutlich mehr als 24 Stunden in Kauf nehmen. Zugverbindungen sind in der Regel erheblich teurer und es ist meist mehrmaliges Umsteigen nötig, je nach Strecke etwa in Paris oder Lyon. Dafür ist die Fahrtzeit deutlich kürzer. Unter Umständen rechnet sich ein Interrail-Ticket. Derzeit nicht in Sicht ist die Einrichtung eines Nachtzuges von Barcelona nach Zürich, der in der Vergangenheit bereits im Gespräch war. Es bleibt also vorerst ein eher beschwerliches Unterfangen, auf das Flugzeug zu verzichten.