Wer mit Vertretern der Ferienvermietung auf Mallorca spricht, der gewinnt schnell den Eindruck, dass das Image der Branche wohl nicht das allerbeste ist. „Man darf uns nicht kriminalisieren”, heißt es immer wieder, „nicht verteufeln” und „nicht für Dinge verantwortlich machen, für die wir nichts können”. Es sind vor allem drei Themen, die dem Ansehen der Ferienvermietung geschadet haben. Zum einen ist da das illegale Angebot. Auf den einschlägigen Internetplattformen finden sich inselweit unzählige Einträge von Immobilien, für die keine Ferienvermietungslizenz vorliegt – obwohl Steuerbehörde, Inselrat und Balearen-Regierung nichts unversucht lassen, um das Problem zu beheben. Zum anderen gilt die Ferienvermietung auf Mallorca als einer der Gründe für steigende Immobilienpreise, Gentrifizierung und Wohnungsmangel. In Palma ist die Ferienvermietung daher seit Jahren fast komplett verboten. Und zu guter Letzt ist da die Massifizierung der Insel: Ferienvermieter und Hoteliers beschuldigen sich gegenseitig, hauptverantwortlich dafür zu sein.
Tatsächlich hat die Ferienvermietungsbranche auf Mallorca in den vergangenen Jahren einen enormen Aufschwung erlebt. Immer mehr Menschen wollen in ihrem Urlaub nicht im Hotel absteigen, sondern lieber in der Ferienwohnung: individueller, selbstbestimmt und näher am Leben der Einheimischen. Diesen Wandel im Reiseverhalten spiegelt das Aufkommen von Plattformen wie Airbnb und Booking wider. Heute befindet sich jeder vierte touristische Übernachtungsplatz auf der Insel nicht in einem Hotel, sondern in einer Ferienimmobilie – insgesamt derzeit rund 104.000 in 12.000 Immobilien. Dem Branchenverband Habtur zufolge lag die Auslastung im vergangenen Jahr bei 90 Prozent. Die Verweildauer lag durchschnittlich bei mehr als sechs Tagen und damit über dem Schnitt aller anderen Urlaubsformen. Touristen, die ihren Mallorca-Aufenthalt in einer Ferienimmobilie verbrachten, hätten 1,7 Milliarden Euro auf der Insel ausgegeben. Noch nicht mitgerechnet seien da Ausgaben wie etwa für die Instandhaltung der Immobilien, die ebenfalls der lokalen Wirtschaft zugute kämen, sagt Maria Gibert, Geschäftsführerin des Verbandes.
Während das Problem der illegalen Anbieter auch branchenintern erkannt ist, bestreitet man die vermeintlichen Negativauswirkungen auf den Immobilienmarkt. Palma sei das beste Beispiel, heißt es bei Habtur: Schließlich seien die Preise dort trotz Verbots der Ferienvermietung in den vergangenen Jahren stark gestiegen. In anderen Gemeinden wiederum habe die Ferienvermietung zur Belebung der lokalen Wirtschaft beigetragen. Eine weitere Argumentation, die man häufig hört: Für viele Mallorquiner, die irgendwo auf der Insel eine Zweitimmobilie besitzen, bedeute die Ferienvermietung ein dringend benötigtes zusätzliches Einkommen. Auf diese Weise werde auch der durch den Tourismus generierte Reichtum, der früher ausschließlich einigen wenigen Hoteliersfamilien zugute gekommen sei, breiter verteilt. Habtur-Angaben zufolge werden 60 Prozent aller Ferienimmobilien auf der Insel von ihrem Besitzer selbst verwaltet.
„Wir glauben weder an die totale Liberalisierung, noch an das absolute Verbot”, sagt Maria Gibert. Sie fordert stattdessen vernünftige Einzelfallregelungen. In Palmas Altstadt etwa gebe es historische Herrenhäuser, die aufgrund ihrer enormen Größe überhaupt nicht für den Langzeitmietmarkt infrage kommen. Die Ferienvermietung könnte hier ein Ausweg für die Eigentümer sein, die Immobilie überhaupt irgendwie gewinnbringend zu nutzen. Dasselbe gelte für viele Landgüter in der Tramuntana, deren Unterhalt immer schwieriger zu finanzieren ist. Vielen Mallorquinern bleibe nichts anderes übrig, als ihre Immobilien zu verkaufen.
Die Zukunft des Ferienvermietungssektors auf der Insel aber ist ungewiss. Derzeit werden nicht nur keine neuen Lizenzen vergeben, sondern diese verfallen auch, wenn ein Anbieter seine Aktivität beendet. Dadurch sinkt ihre Zahl derzeit kontinuierlich. Manch einer fordert, dass der Weiterverkauf von Ferienvermietungslizenzen möglich sein solle. Ganz so weit geht man bei Habtur nicht, aus Sorge davor, die Lizenzen könnten zum Spekulationsobjekt werden und letztendlich an Großinvestoren fallen. „Genau das wollen wir ja nicht”, sagt der Habtur-Vorsitzende Antoni Barceló. Die sogenannte Bettenbörse aber, für die derzeit noch ein Moratorium gilt, müsse wieder aktiviert werden.
Wie ungewiss die Zukunft der Branche ist, zeigte sich auch am Wochenende im Rahmen der Fachmesse Habturalia. Im Rahmen einer Diskussionsrunde debattierten Politiker verschiedener Parteien kontrovers über die Frage, welche Grenzen der Tourismus auf Mallorca hat und was das für die Ferienvermietung bedeutet. Während sich José Luis Mateo, der für die konservative PP als Abgeordneter im Balearen-Parlament sitzt, vehement gegen eine Reduzierung des Tourismus auf der Insel aussprach, bekräftigten Vertreter der Linksparteien ihre Position, die Gesamtzahl der Gästebetten – derzeit etwa 430.000 – müsse sinken. Der Vorsitzende der Regionalpartei Més, Lluis Apesteguia, erklärte, man müsse eine Formel finden, damit diese Schrumpfung gleichermaßen vom Hotelsektor wie auch vom Ferienvermietungssektor getragen werde. Einigkeit herrschte dann, als es um das illegale Angebot ging. „Dies ist der eigentliche Feind, den wir bekämpfen müssen”, sagte der PP-Abgeordnete Mateo. Wenn dies gelinge, dann sei auch das Problem der Massifizierung der Insel auf einen Schlag gelöst. Und die Ferienvermietungsbranche würde gewiss ihr Image etwas aufpolieren können.