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Illegale Ferienvermietung: So wollen Mallorca und die EU gegen die Hauptursache der Wohnungsnot in Tourismusgebieten vorgehen

Der Inselrat, der für die Kontrolle des touristischen Angebots zuständig ist, bittet die Bürger, Vergehen in der Nachbarschaft anzuzeigen – und stockt die Zahl der Mitarbeiter auf. Die EU hat zudem eine neue Verordnung ausgearbeitet

Die Ferienwohnung auf Mallorca ist nur einen Mausklick entfernt. | Patricia Lozano

| Mallorca |

Tourismusdezernent Marcial Rodríguez macht keinen Hehl aus der Tatsache, dass die Mitarbeiter seiner Abteilung auf Mallorca auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen sind. Zwar nutze man auch Methoden wie das sogenannte Web Scraping, das automatisierte Auslesen von Daten der einschlägigen Internetseiten, um illegalen Angeboten auf die Spur zu kommen, vor allem aber appelliert Rodríguez an die Bürger: „Wir sehen uns einer Realität gegenüber, die sich ständig verändert”, sagt er. „Die illegalen Anbieter sind schneller, schlauer und uns immer einen Schritt voraus. Die Verwaltung dagegen ist langsam. Es ist daher wichtig, dass uns die Bürger unterstützen. Die illegale Ferienvermietung ist ein Problem, das uns alle angeht.”

Vor allem sei es wichtig, sagte Rodríguez im Rahmen einer Pressekonferenz Anfang August, dass Anzeigen illegaler Aktivitäten möglichst exakte Daten beinhalteten. „Eines der großen Probleme bei den Kontrollen ist, dass wir keine genauen Informationen haben”, sagte Rodríguez. Bürger, die der zuständigen Abteilung eine Anzeige schicken, sollten daher so präzise wie möglich sein bei der Angabe der Adresse. Auch der Name des Anbieters sei von Interesse. Die entsprechenden Informationen kann man – auch anonym – per E-Mail übermitteln: Handelt es sich um eine Immobilie in Palma, dann lautet die Mail-Adresse lloguerturisticpalma@conselldemallorca.net , andernfalls inspeccioturisme@conselldemallorca.net

Der eigentliche Grund für die Pressekonferenz war jedoch die Tatsache, dass die Zahl der Mitarbeiter des zuständigen Dezernats aufgestockt wurde. Ab sofort sind 10 neue Kontrolleure im Einsatz, sagte Rodríguez. Ihre Zahl wurde um 50 Prozent erhöht, nämlich von 20 auf 30. Dazu kommen 17 neue Sachbearbeiter. Bislang habe es in der Abteilung ein gewisses Ungleichgewicht gegeben, das nun behoben wurde. Das Verhältnis Kontrolleure/Sachbearbeiter liege nun bei 1 zu 2, nachdem es zuvor nur bei 1 zu 4 lag. Außerdem sei die Zahl der Mitarbeiter in den vergangenen Jahren nicht im selben Maße gewachsen, wie das touristische Angebot. Schon gar nicht, wenn man das illegale Angebot mitrechne. Durch die Aufstockung lasse sich die Effizienz entscheidend steigern, da nun beispielsweise Bußgeldbescheide rascher ausgestellt werden können. Finanziert werden soll das zusätzliche Personal durch die Einnahmen aus der Kurtaxe, die Urlauber zahlen, die in – legalen – Übernachtungsbetrieben absteigen.

„Unser Ziel in dieser Legislaturperiode ist es, das Zusammenleben auf der Insel zu verbessern”, sagte Rodríguez. „Eine der Herausforderungen dabei ist ohne Zweifel, die Rechtssicherheit des legalen touristischen Angebots zu garantieren. Das macht es erforderlich, entschieden gegen das illegale Angebot vorzugehen.” Seit dem vergangenen Herbst verfolge man eine gezielte Strategie, die bislang gute Ergebnisse bringe. Genaue Zahlen werde man jedoch erst nach Ende der Hauptsaison im Oktober bekannt geben. Die Zahl der Kontrollen aber sei deutlich angestiegen. Im vergangenen März waren 650 Verfahren anhängig, 80 Prozent davon wegen illegaler Ferienvermietung. Im Raum standen damals Geldbußen von insgesamt knapp 17 Millionen Euro. Im gesamten Jahr 2023 waren knapp 3,5 Millionen Euro eingenommen worden.

Bereits vor einigen Wochen hatte der Inselrat angekündigt, künftig höhere Geldbußen zu verhängen. Nachdem bislang in der Regel 40.000 Euro fällig wurden – die gesetzlich festgeschriebene Mindestsumme –, würden von nun an stets 80.000 Euro in Rechnung gestellt, um die abschreckende Wirkung zu erhöhen. Ebenfalls hatte man angekündigt, dass die fraglichen Immobilien von den Inselrats-Kontrolleuren künftig versiegelt würden, um die illegale Nutzung so zu unterbinden. Dagegen allerdings gibt es massive rechtliche Bedenken und es ist auch noch kein solcher Fall publik geworden.

Die Jagd auf illegale Anbieter gestaltet sich also weiterhin schwierig. Zwar sind Einträge auf den einschlägigen Internetseiten relativ einfach als illegal zu identifizieren, allerdings erfordert es aufwendige Recherchearbeit, die genaue Lage der Immobilie herauszufinden. Adressen nämlich werden üblicherweise erst nach der Buchung übermittelt. Dass die Kontrolleure des Inselrats über eine Kreditkarte verfügen, mit der sie verdächtige Ferienwohnungen reservieren können, um so leichter an die Daten zu kommen, dementiert man beim Inselrat.

Außerdem wenden die illegalen Anbieter einige kriminelle Energie auf, um unerkannt zu bleiben. So schießt die Zahl der Anzeigen auf den einschlägigen Plattformen an Wochenenden und außerhalb der regulären Arbeitszeiten in die Höhe, wie es heißt, da dann keine Kontrollen zu befürchten sind. Mittlerweile habe man die Dienstpläne aber entsprechend angepasst, um es den illegalen Anbietern nicht ganz so einfach zu machen, erklärt man beim zuständigen Inselratsdezernat. Es ist zudem ein offenes Geheimnis, dass viele Ferienvermieter längst keinen Gebrauch mehr von den offiziellen Kanälen machen, um ihre Immobilien zu bewerben. In der Mobiltelefon-Applikation Telegram etwa gibt es gleich eine ganze Reihe von entsprechenden Gruppen.

Angesichts dessen verwundert es nicht, dass man beim Inselrat zunehmend auf die Hilfe der Bevölkerung setzt. Denn hinzu kommt noch, dass die Kontrolleure des Tourismus-Dezernats ja nicht allein für die Verfolgung des illegalen Angebots zuständig sind. Nein, sie müssen auch überwachen, dass die etwa 36.000 legalen Unternehmen des Dienstleistungssektors – darunter etwa 18.000 Übernachtungsbetriebe – die bestehenden Vorschriften einhalten. Rodríguez allerdings lässt keinen Zweifel daran, dass bei ihm die Kontrolle des illegalen Angebots Priorität hat. Etwa 80 Prozent der Arbeitszeit würden für Kontrollen in diesem Bereich genutzt.

Und so will die Europäischen Union illegale Ferienvermietung in Tourismusgebieten bekämpfen

Sperrig wie immer klingt der vollständige Titel: „EU-Verordnung 2024/1028 über die Erhebung und den Austausch von Daten im Zusammenhang mit Dienstleistungen der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften.” Seit mehreren Jahren schon hatte die EU-Kommission an einem entsprechenden Vorschlag gearbeitet, seit dem Frühjahr gilt die Verordnung. Das Ziel: Der Datenaustausch zwischen Buchungsplattformen und Behörden soll einheitlich geregelt werden. Eine erhoffte Folge davon: illegale Anbieter haben es künftig schwerer.

Zur Erklärung heißt es in der Verordnung selbst: „Dienstleistungen der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften werden von Gastgebern seit vielen Jahren als Ergänzung anderer Beherbergungsdienstleistungen wie Hotels, Hostels oder Frühstückspensionen erbracht. Im Zuge des Wachstums der Plattformwirtschaft nimmt der Umfang von Dienstleistungen der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften EU-weit beträchtlich zu. Während Dienstleistungen der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften Gästen, Gastgebern und dem gesamten Tourismus-Ökosystem viele Möglichkeiten eröffnen, hat ihr schnelles Wachstum Bedenken hervorgerufen und Herausforderungen geschaffen, insbesondere bei lokalen Gemeinschaften und Behörden, etwa im Hinblick darauf, dass sie zu einem Rückgang der Verfügbarkeit langfristig zu vermietenden Wohnraums und zu einem Anstieg von Mieten und Immobilienpreisen beitragen.”

Es gebe einen Mangel an verlässlichen Informationen über die kurzfristige Vermietung von Unterkünften, wie etwa die Identität von Gastgebern, den Ort, an dem diese Dienstleistungen erbracht werden, sowie deren Dauer. „Dieser Mangel an solchen Informationen erschwert es den Behörden, die tatsächlichen Auswirkungen der Dienstleistungen der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften zu bewerten und angemessene politische Antworten zu entwickeln und durchzusetzen.” Nationale, regionale und lokale Behörden hätten in der Vergangenheit Maßnahmen zur Beschaffung der genannten Daten ergriffen, jedoch variieren die Anforderungen an die Buchungsplattformen stark, was den Binnenmarkt beeinträchtige. Die Verordnung soll nun den Datenaustausch vereinheitlichen und den Behörden eine bessere Regulierung ermöglichen.

Geplant ist eine einheitliche digitale Zugangsstelle, die jeder Mitgliedstaat einrichtet. „Sie dient als digitales Zugangstor, über das berechtigte Behörden Zugriff auf die Buchungsdaten der Online-Plattformen (Zahl der Nächte und Gäste) erhalten”, heißt es beim Bundeswirtschaftsministerium. „Über das digitale Zugangstor werden zudem die nun verpflichtenden Prüfungen der Vermietungsangebote durch die Online-Plattformen technisch umgesetzt.” Des Weiteren gebe es künftig ein Registrierungsverfahren, das eine Voraussetzung dafür ist, dass die betreffenden Behörden zur Abfrage von Buchungsdaten der Online-Plattformen berechtigt sind. „Über die Registrierungsverfahren erheben die Behörden selbst Daten zu Gastgebenden und Unterkünften. Sie teilen außerdem jeder Unterkunft eine individuelle Registrierungsnummer zu, die Gastgebende angeben müssen, wenn sie auf einer Online-Plattform ein Angebot einstellen. Diese Nummer dient zum einen dazu, die Buchungsdaten der Online-Plattformen der richtigen Unterkunft zuzuordnen, zum anderen ermöglicht sie es Online-Plattformen und Behörden zu prüfen, ob die jeweilige Unterkunft rechtmäßig zur Kurzzeitvermietung angeboten wird.”

Die neue Verordnung erntet überwiegend Zustimmung. Selbst Airbnb äußerte sich bereits im Vorfeld positiv. „Innerhalb der EU standen wir vor der Herausforderung, dass sich die Regelungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten gleichzeitig und unabhängig voneinander entwickelten. Da es keine klaren Vorgaben auf überregionaler Ebene gab, war zeitweise unklar, wie effektive lokale Regeln zu gestalten sind, wie der Zugang zu Daten ermöglicht wird, wie Wohnraum geschützt werden kann und wie wir dabei die EU-Vorschriften einhalten können”, schrieb Nathan Blecharczyk, Mitbegründer und Chief Strategy Officer des Unternehmens im vergangenen November in einem offenen Brief. „In einigen Fällen schließen historisch gewachsene und komplizierte lokale Vorschriften – die oft ursprünglich für Hotels eingeführt wurden – viele Europäer:innen vom Gastgeben und den damit verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Chancen aus. Wir begrüßen daher die neuen EU-weiten Regeln und betrachten sie als einen Wendepunkt für Airbnb und die gesamte Branche. Sie können weltweit als Blaupause für die Regulierung von Kurzzeitvermietungen dienen und geben Plattformen und Behörden klare Leitlinien für wichtige Fragen – etwa, wie sie Daten austauschen und lokale Vorschriften so umsetzen können, dass sie für alle Beteiligten anwendbar sind. Jetzt, wo es klare Regeln gibt, wollen wir unsere Zusammenarbeit mit Städten und Regierungen ausweiten. Wir möchten Wohnraum schützen, gastgebende Familien unterstützen und zu einer nachhaltigen Zukunft des europäischen Tourismus beitragen.”

Auch Mallorcas Tourismus-Dezernent Marcial Rodríguez sieht die Neuregelung grundsätzlich positiv, wenngleich er kurzfristig keine Auswirkungen auf die Situation auf Mallorca erwartet. „Wenn wir schon langsam sind, dann ist es die EU erst recht.” Allerdings ist nun vor allem die spanische Zentralregierung gefordert. Die muss die Verordnung nämlich bis spätestens 2026 umgesetzt haben.

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