Folgen Sie uns F Y T I R

Erst Luxusurlaub, dann eigene Villa: So erobern die US-Amerikaner Mallorca langsam, aber sicher

Immer mehr US-Touristen entdecken die Insel als Ziel für europäische Sehnsucht und 
luxuriöse Entschleunigung. Und schlagen anschließend auf dem Immobilienmarkt zu

Trotz Direktverbindung zwischen Palma und New York mit United Airlines erreicht das Gros der Amerikaner die Insel über Umsteigeverbindungen | Foto: Ultima Hora

|

Sie kommen in weißen Leinenhemden, mit Retro-Sonnenbrillen und einem Koffer voller Erwartungen: US-Amerikaner, die auf Mallorca landen, um Europa zu sehen – aber bitte mit Komfort. Was lange ein Ziel für Briten, Deutsche und Skandinavier war, gerät nun auch in den Fokus amerikanischer Reisender. Laut dem internationalen Beratungsunternehmen Mabrian ist der Markt aus den USA einer der am schnellsten wachsenden in diesem Jahr. Fluggesellschaften melden für den Sommer einen Buchungsanstieg von 40 Prozent im Vergleich zu 2024. Und weil Angebot der Nachfrage folgt, stockt United Airlines ihre Direktverbindung zwischen New York und Palma auf.

Doch das Gros der für dieses Jahr erwarteten 300.000 US-Gäste erreicht die Insel weiterhin über Umsteigeverbindungen – etwa via Madrid, Barcelona oder Frankfurt. Das macht die Zahlen umso bemerkenswerter: 2024 kamen laut der spanischen Fremdenverkehrsbehörde Turespaña rund 278.640 Besucher aus den Vereinigten Staaten auf die Balearen, ein Plus von über 20 Prozent. Bei der reinen Besucherzahl stehen sie auf Platz elf – doch beim Geldbeutel gehören sie zur Spitzengruppe: Mit 694 Millionen Euro lagen die US-Ausgaben 2024 auf Rang sechs aller Nationen.

Das Reiseverhalten unterscheidet sich dabei deutlich von dem europäischer Mallorca-Besucher. Während viele deutsche oder britische Touristen feste Hotelmarken, konkrete Orte oder günstige Pauschalangebote bevorzugen, buchen US-Amerikaner zunehmend individuell: Online, kurzfristig, mit hohem Anspruch an Authentizität. Viele wählen Boutiquehotels in Palmas Altstadt, Design-Fincas mit Personal oder Villen in der Tramuntana. Gefragt sind maßgeschneiderte Erlebnisse: private Tapas-Touren, Olivenölverkostungen, Segeltage auf historischen Holzbooten oder Sonnenaufgangsyoga auf Dachterrassen.

Kein Wunder also, dass der mallorquinische Hotelverband beim Begriff „High Spending Traveller“ längst an Kalifornien denkt. Die Luxushotellerie profitiert besonders: Drei- bis Fünf-Sterne-Häuser haben die Preise zwischen Juni und September um bis zu 8,7 Prozent erhöht. Eine Inflation, die den neuen Gästen kaum zu stören scheint. Die meisten wissen, was sie wollen – und was es kosten darf. Frühstück mit Avocado-Toast, Mandelmilch und Meerblick ist da eher Pflicht als Kür.

Zugleich zeigt sich: Je höher die Erwartungen, desto kritischer die Bewertung. Während die Balearen laut Mabrian insgesamt überdurchschnittlich gut abschneiden, sinkt die Kundenzufriedenheit aktuell in allen Hotelkategorien. Preissteigerungen ohne Service-Upgrade stoßen auf Missfallen – auch bei einem Publikum, das sich grundsätzlich nicht über ein paar Euro mehr aufregt. Mabrian empfiehlt daher: Qualität sichern, Erlebniswert steigern und weniger auf den Wettbewerb am Mittelmeer schielen. Es zählt der Eindruck vor Ort – nicht der Vergleich mit Mykonos.

Interessant ist dabei, dass die Balearen unter amerikanischen Touristen zunehmend als Alternative zu den klassischen Zielen in Frankreich oder Italien gelten. Viele schätzen die entspanntere Atmosphäre, die kürzeren Wege auf der Insel, die gute Infrastruktur – und die Möglichkeit, Kultur, Kulinarik und Strandurlaub problemlos zu kombinieren. Eine Reise nach Mallorca wird häufig mit einem Aufenthalt in Barcelona, Paris oder Rom verknüpft. Für viele ist die Insel kein Solourlaub, sondern Bestandteil einer kleinen Grand Tour.

Die US-Reisewelle nach Mallorca hat noch einen zweiten Effekt. Was mit neugierigen Wochenendtouristen begann, führt nun vermehrt zum Immobilienkauf. Was Deutsche in den 1980ern waren – Wochenendaussteiger mit Zinshauskapital – sind heute gut situierte Amerikaner, oft aus Florida, Texas oder Kalifornien, die die Insel bei einer Reise entdecken und beim nächsten Mal ein Anwesen suchen.

„Wir beobachten eine ähnliche Entwicklung wie vor 30 Jahren bei deutschen Kunden“, sagt ein Immobilienberater aus Palma. „Erst der Urlaub, dann der Wunsch, hier einen Teil des Lebens zu verbringen. “Die Zahlen geben ihm recht: Auf dem Festland, etwa in der Region Valencia, stieg die Zahl amerikanischer Immobilienkäufe 2024 um 40 Prozent – besonders durch Käufer aus Miami, die entweder remote arbeiten oder ihren Ruhestand in Europa verbringen wollen. Mallorca steht auf dem Sprung, von diesem Trend ebenfalls zu profitieren. Gesucht werden Villen mit Garten, Privatsphäre und Pool – kurzum: mediterraner Lebensstil mit US-Komfortstandard.

„Viele US-Kunden vergleichen Mallorca mit Santa Barbara oder den Hamptons“, so ein Makler aus Andratx. „Nur dass es hier noch kultureller, älter und spannender ist – und in ihrer Wahrnehmung günstiger.“ Die Verfügbarkeit internationaler Schulen, Direktflüge, Healthcare-Optionen und ein hoher Lebensstandard machen die Insel zur idealen Basis für zweite Wohnsitze.

Private Finanzierungsmodelle, Steuerberatungen und Concierge-Dienste helfen beim Einstieg – und bei der Vorstellung, dauerhaft europäisch zu leben, ohne auf gewohnte Annehmlichkeiten verzichten zu müssen.

Sollte sich der Trend bestätigen, könnte Mallorca in wenigen Jahren das werden, was Südfrankreich und die Toscana für Amerikaner lange waren: ein europäischer Sehnsuchtsort, gut erreichbar und voller Geschichten. Oder, wie es ein Urlauber aus Boston nach dem Checkout im Marriott bei Llucmajor einst formulierte: „We came for the beach. But we’ll be back for the life.“

Zum Thema
Meistgelesen