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Freizeit-Schifffahrt

Massifizierung jetzt auch auf See: Mallorca droht das schwimmende Airbnb-Chaos

Spanien erlaubt privaten Bootsbesitzern, ihre Yachten drei Monate im Jahr an Touristen zu vermieten. Auf der Insel warnen Hafenbetreiber, Charterunternehmer und Umweltschützer vor einem Ansturm, der Küsten und Häfen überfordert

Flotte von Freizeitbooten und Yachten in einer Bucht auf Menorca | Foto: Archiv UH

| Mallorca |

Seit Dienstag dürfen Privatleute auf Mallorca wie im restlichen Spanien ihre Freizeitboote wie Ferienwohnungen vermieten – maximal drei Monate pro Jahr. Gedacht ist das Modell als „gemischte Nutzung“: Entweder übernimmt ein professionelles Charterunternehmen die Vermietung. Doch viele dieser Firmen haben längst volle Flotten und wenig Interesse an privaten Beibooten. Also bleibt meist nur die zweite Option: Der Eigentümer verchartert sein Boot selbst – unter Auflagen wie Versicherung, professionellen Skipper und allen Sicherheitseinrichtungen.

Ein Freibrief für neue Ankerplätze

Die Praxis sieht schon jetzt düster aus: Laut Verband der Charterunternehmen AECIB gibt es mehr illegale Charterboote als offizielle. Pedro Gil warnt: „Niemand misst, wer wie und wo ankert.“ Rund 3462 Boote sind auf den Balearen legal registriert, doch immer mehr Privatbesitzer wittern schnelles Geld – der Sogeffekt hat längst eingesetzt. Wer keinen festen Liegeplatz hat, legt in Buchten an, oft ohne Rücksicht auf Seegraswiesen. Die Wartelisten für Häfen sind lang: Über 7000 Boote warten – teils seit Jahrzehnten.

Die Badebucht als Parkplatz

Für Touristen könnte der Traumstrand zur Kulisse für schaukelnde Bootsstege werden. Statt kristallklarem Meer versperren Heckwellen, Masten und Jetskis bald die Sicht. Während Hotelbetten reguliert sind, droht auf dem Wasser das Gegenteil: eine schwimmende Armada, die kaum einer kontrolliert. Die regionale Hafenbehörde meldet fast 20.000 Liegeplätze – zu wenig für den wachsenden Fuhrpark. Katalonien und Andalusien liegen weit vorn, doch auf den Balearen herrscht jetzt schon Überlastung.

Die Landesregierung prüft Klagen gegen Madrid. Sie warnt: Das neue Gesetz gefährdet Nachhaltigkeit und Sicherheit auf See.Die Charterunternehmen fürchten noch mehr Konkurrenz auf dem Wasser. Und die Behörden fordern bessere Register, klare Regeln, strenge Kontrollen. Doch wer soll die Hobbykapitäne im Hochsommer kontrollieren? Schon heute steigt die Zahl der Wassersportunfälle jedes Jahr. Jetskis, Motorboote, Partyflöße – dazu nun Hunderte neue Minicharter.

Wachsender Druck auf Natur und Küste

Eine Studie von 2020 zeigte: Mit neuen Bojenfeldern könnten über 37.000 zusätzliche Ankerplätze entstehen. Ökologisch sinnvoll? Fraglich. Schon jetzt reißen Anker Seegraswiesen auf, die Buchten vor Erosion schützen. Viele Boote fahren nie – doch wenn sie fahren, hinterlassen sie Spuren. Der Verband der nautischen Unternehmen fordert seit Jahren eine vollständige Erfassung aller Boote. Passiert ist wenig. Nun droht die nächste Welle.

Auf Mallorca gilt das Meer als letzter Rückzugsort vor dem Touristenstrom an Land. Doch wer künftig in einer abgelegenen Bucht badet, sieht womöglich erst mal nichts – außer schwimmender Airbnb-Appartements. Mehr Müll, mehr Lärm, mehr Gedränge.

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