Sie tragen gelbe Westen, nicht aus modischen Gründen, sondern weil sie zwischen Flugzeugreifen, Tanklastern und rollenden Containerwagen am Flughafen von Palma de Mallorca arbeiten. Sie schleppen Koffer, füllen Treibstoff, entsorgen Müll und stopfen Lasagne in Flugzeugküchen. Sie sind die Letzten, die einsteigen – und die Ersten, die alles am Laufen halten: die Bodenabfertiger. Und die haben nun die Nase gestrichen voll.
Am Flughafen Son Sant Joan, dem drittgrößten in Spanien, kündigt sich ein Sommerspektakel der besonderen Art an – allerdings nicht im Duty-Free-Shop, sondern auf dem Rollfeld. Streik! Und zwar nicht nur einer. Gleich zwei große Anbieter von sogenannten „Ground Handling“-Diensten drohen damit, die Arbeit niederzulegen. Und das mitten im August, also just dann, wenn Millionen Menschen ihre Schnappatmung wegen der Getränkepreise am Flughafen noch nicht ganz hinter sich haben.
"Wir können keine weitere Saison durchhalten"
Den Anfang macht Groundforce, der größte Anbieter von Bodenabfertigungsdiensten auf Mallorca. Rund 150 Beschäftigte versammelten sich am vergangenen Mittwoch vor dem Abflugterminal, nicht zum Streichen von Sicherheitslinien, sondern zum Protestieren. Die Botschaft war klar: „Der Flughafen wird stillstehen“, drohte Margarita Alomar vom Betriebsrat. Die Arbeitsbedingungen? Unhaltbar. Zu wenige Leute, zu viel Arbeit, Überstunden bis zum Umfallen – aber keine Pausen dazwischen. Und wer krank wird, hat halt Pech.
Zwei Verhandlungsrunden mit dem Unternehmen – ohne Ergebnis. Nun soll das balearische Landesministerium für Arbeit vermitteln. Sollte sich nichts bewegen, könnte der Arbeitskampf noch im August eskalieren. Und zwar genau dann, wenn Palmas Airport ohnehin mit dem Sommerchaos kämpft: Im Juli wurden hier über vier Millionen Passagiere abgefertigt – jeder Koffer ist potenzieller Zündstoff.
Doch es bleibt nicht bei Groundforce. Auch Azul Handling, das Ryanair-eigene Bodenabfertigungsunternehmen, steht kurz vor dem Ausnahmezustand. Die Gewerkschaft UGT hat ab dem 15. August einen Streik ausgerufen – erst drei Tage nonstop, dann regelmäßig vier Tage pro Woche, vielleicht bis Silvester. An fast jedem Wochenende und vielen Werktagen könnte es dann zwischen fünf Uhr morgens und Mitternacht zu Verzögerungen, Gepäckdramen und Frustmomenten kommen.
Wenn der Flieger landet, fängt die Arbeit erst an
Und das alles oft in weniger als 30 Minuten. Wer also glaubt, dass ein verspäteter Flug an einem schlecht gelaunten Piloten liegt, sollte mal einen Tag lang einem Ramp Agent über die Schulter schauen. Oder besser: hinterherrennen.
Unsichtbar, unverzichtbar – und ziemlich sauer
Das eigentliche Problem ist struktureller Natur. Viele Airports, auch Palma, haben das Handling ausgelagert. Private Anbieter konkurrieren um Aufträge, der Preis entscheidet – nicht die Qualität der Arbeit. Das Ergebnis: Befristete Verträge, Personalmangel, Mindestlöhne am Limit und ein hoher Verschleiß an Menschen, die im Hintergrund die Zahnräder des Flugverkehrs schmieren.
Besonders betroffen: junge Beschäftigte und Leiharbeiter. Einige wurden – laut Gewerkschaft – mit bis zu 36 Tagen Lohnentzug bestraft, weil sie sich weigerten, „freiwillige“ Überstunden zu leisten. Wer da nicht aufsteht, liegt am Ende nur noch flach.
In ihrer Not fordern die Gewerkschaften nicht weniger als eine Revolution auf dem Rollfeld: Rücknahme der Sanktionen, Einhaltung von Gleichstellungsrichtlinien, echte Tarifverhandlungen. Und das nicht nur auf Mallorca – sondern landesweit. Über 3000 Beschäftigte könnten betroffen sein.
Sollten die Streiks wie geplant kommen, wird es eng im Terminal. Und laut. Und vermutlich auch ziemlich chaotisch. Ob die Airlines darauf vorbereitet sind? Erfahrungsgemäß nicht. Ob die Urlauber dafür Verständnis haben? Eher nicht. Und ob es langfristig etwas ändert? Vielleicht. Denn am Ende ist der Flughafen nicht das Terminal mit der Lounge – sondern das Personal, das dafür sorgt, dass überhaupt irgendetwas abhebt.