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Benimmregeln am Ballermann geraten juristisch unter Beschuss: Knackpunkt ist ausgerechnet die Prostitution

Eine Vereinigung, die sich gegen die Abschaffung sexueller Dienstleistungen gegen Geld richtet, bringt das Rathaus von Palma mit einer Verwaltungsklage ins Schwitzen

Das Archivfoto zeigt Frauen bei, Anbieten von Prostitution auf dem Straßenstrich in der Innenstadt von Palma de Mallorca | Foto: Archiv Grup Serra

| Palma, Mallorca |

Neuer Einspruch gegen die städtische Verordnung zur öffentlichen Ordnung von Palma: Noch ist vielen in Erinnerung, wie der erste Anlauf für Benimmregeln auf Mallorca gescheitert war. Damals befand sich die geplante Verordnung zur öffentlichen Ordnung in der Balearen-Metropolesowie in der berüchtigten Ballermann-Zone noch in Bearbeitung, als verschiedene Organisationen ankündigten, den endgültigen Text vor Gericht anzufechten. Mit Erfolg: Die Verordnung des seinerzeitigen Bürgermeisters Mateu Isern (2011–2015) von der konservativen Volkspartei (PP) wurde gekippt. Jetzt, bei den neu in Kraft gesetzten Benimmregeln der Stadtverwaltung unter Bürgermeister Jaime Martínez (ebenfalls PP) liegt nun eine Verwaltungsklage vor. Sie wurde eingereicht von der Vereinigung „Stop Abolición“. Diese Organisation kämpft gegen ein Prostitutionsverbot in Spanien.

Die städtische Verordnung für ein „zivilisiertes Zusammenleben“ in Palma enthält einen Abschnitt, der sich explizit mit dem Komplex Prostitution befasst. Die Verfechter von Stop Abolición erklären, dass sie systematisch alle kommunalen Verordnungen in Spanien anfechten, die das Ziel haben, die Prostitution einzuschränken. Darauf basiert auch das Hauptargument der Klage: Die Gemeinden überschritten demnach ihre Kompetenzen, da die spanische Rechtsordnung „die selbständige Ausübung der Prostitution nicht verbietet“.

Stop Abolición argumentiert: „Es ist ein verdrehter strategischer Schachzug: Man überträgt den Gemeinden etwas, das auf staatlicher Ebene nicht durchsetzbar war (gemeint ist das Verbot der Prostitution). Aber die Kommunen sind nicht der Ort, an dem über Grundrechte und Freiheiten entschieden wird, die mit Sexualität zu tun haben. Uns bleibt nichts anderes übrig, als uns auf kommunaler Ebene einzumischen“, erklärte die Organisation. Zwar haben Gemeinden Kompetenzen in Bezug auf die Nutzung des öffentlichen Raums, „aber Räume zu verwalten ist etwas ganz anderes, als Bußgelder für Handlungen zu verhängen, die nicht illegal sind“.

Im Fall von Palma verbietet der Artikel 35 der städtischen Verordnung, „direkt oder indirekt bezahlte sexuelle Dienstleistungen im öffentlichen Raum anzubieten“, wenn dies dem üblichen Gebrauch dieses Raums widerspreche und zu einer offensichtlichen Beeinträchtigung führe. Dagegen macht Stop Abolición mobil: „Das ist viel zu vage formuliert und kann dann von jedem einzelnen Polizisten unterschiedlich ausgelegt werden. Wenn du den Raum angemessen nutzt und niemanden störst – darfst du dann sexuelle Dienstleistungen anbieten, ja oder nein?“, fragte ein Sprecher der Befürworter von Prostitution.

Bußgelder von bis zu 1500 Euro

Wie die spanische MM-Schwesterzeitung "Ultima Hora" am Samstag berichtete, wird in Palma das Anbieten sexueller Dienstleistungen von dem neuen Regelwerk als schwerer Verstoß betrachtet und wird mit Geldstrafen zwischen 750 und 1500 Euro geahndet. Die Verordnung sieht vor, lediglich die Freier zu bestrafen – nicht die Sexarbeiterinnen. Dennoch hält etwa die Prostituiertenorganisation Otras („die Anderen“) den Text für problematisch: „Die Vorgabe wird die Prostitution lediglich in weniger sichere Zonen abdrängen. Das führt zu mehr Prekarität und Gewalt.“ Die Folgen: „Die Freier kommen nervös mit dem Auto angefahren, und wenn sie wissen, dass sie ein Bußgeld riskieren, könnten sie die Frauen unter Druck setzen, die Preise zu senken.“

Die Stadt Palma rechtfertigt die Regelung mit dem Schutz der Rechte von Frauen in der Prostitution sowie mit der Notwendigkeit, die Zurschaustellung sexueller Dienstleistungen vor Minderjährigen zu verhindern und ein zivilisiertes Zusammenleben zu gewährleisten. Die Verordnung enthält auch einen Abschnitt zur Unterstützung von Opfern sexueller Ausbeutung und zur Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen bei der Aufdeckung von Frauenhandel.

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