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Erst Predigt in der Kathedrale, dann Essen: Das kommt beim deutschen Pfarrerpaar an Weihnachten auf den Tisch

Holmfried Braun und Martje Mechels (mit Tochter Ella Marlene) im Gespräch mit MM: Das Pastorenehepaar bereitet die Weihnachtsgottesdienste vor und freut sich auf ein festliches Familienessen

Das Pfarrersehepaar Holmfried Braun und Martje Mechels mit ihrer Tochter Ella Marlene Mechels (l.) und ihrem Hund "Trudi"’ im Pfarrhaus am "Ballermann" | Foto: Patricia Lozano

| Mallorca | |

Nur wenige Tage vor Weihnachten lädt das deutsche Pfarrerehepaar Holmfried Braun und Martje Mechels ins Gemeindehaus an der Playa de Palma ein. Bei duftendem Kaffee und frisch gebackenem Kuchen sitzt auch ihre 24-jährige Tochter Ella Marlene Mechels mit am Tisch. Im Gespräch erzählen die Pastoren, wie sie die beiden Gottesdienste in der Kathedrale von Palma vorbereiten und wie sie selbst das Weihnachtsfest im Kreis der Familie feiern.

Mallorca Magazin: Herr Braun, wie gestalten Sie gemeinsam mit Ihrer Frau die Vorbereitungen für die Christmette? Sie sind beide bereits seit 2020 auf der Insel tätig. Ist daraus inzwischen eine Routine entstanden?
Holmfried Braun:
Ich bin aufgeregt und gespannt, ja, es knistert richtig. Aber das ist gut, denn so kommt die Botschaft lebendig rüber. Für mich ist es das erste, und wahrscheinlich auch das letzte Mal, dass ich vor so einer großen Menge in der Kathedrale predigen darf. Und ich freue mich sehr. Hoffentlich fallen mir die richtigen Worte ein.

Wie im Vorjahr wird Pfarrer Holmfried Braun diesen Heiligabend vor Tausenden
von Besuchern in der Kathedrale von Palma predigen. (Foto: UH)

MM: Der Weihnachtsgottesdienst wird gemeinsam mit Pfarrer Andreas Falow von der katholischen Gemeinde organisiert. Wie teilen Sie beide sich dabei die Aufgaben auf?
Braun: Der katholische Kollege Falow wählt die Musiker aus, stellt die Kirchenhefte und Liedblätter zusammen und übernimmt die Begrüßung. Er gestaltet also die gesamte Liturgie. Martje liest die Passage aus dem Lukasevangelium, und ich habe die besondere Gelegenheit, zum ersten und einzigen Mal zu predigen. Diesmal sammeln wir außerdem die Kollekte. Wir gehen davon aus, dass beide Gottesdienste wieder gut besucht sein werden. Das Sicherheitsmanagement spielt dabei eine zentrale Rolle. Am Eingang steht jemand, der die Besucher zählt, und es wird genau darauf geachtet, wie viele eingelassen werden, auch im Hinblick auf Brandschutz- und Sicherheitsauflagen. So wird sichergestellt, dass die Höchstzahl an Besuchern nicht überschritten wird. Nach unserem Wissen handelt es sich mit insgesamt zwischen 3000 bis 5000 Besuchern um den größten deutschsprachigen Weihnachtsgottesdienst in Europa, vielleicht sogar weltweit.

Die evangelischen Geistlichen Holmfried Braun und Martje Mechels vor dem
Gemeindehaus der deutschsprachigen Gemeinde in Arenal. (Foto: PL)

MM: Es stehen Ihnen also arbeitsreiche Tage bevor. Braucht man da nicht manchmal auch Urlaub von der Ferieninsel?
Braun:
Vor allem weil wir in diesem schönen Land leben, machen wir Urlaub in Spanien. Dabei haben wir schon verschiedene Regionen auf dem Festland erkundet. Einmal den Norden, einmal die Gegend um Madrid, und letztes Mal waren wir in Córdoba. Dort haben wir auch den kleinen Königsweg "Caminito del Rey" gemacht ... hoch durch eine beeindruckende Schlucht. Allerdings waren wir dort im Herbst, nicht im Sommer. Insgesamt waren wir zwei Wochen durch Andalusien unterwegs, auch in Málaga, ein bisschen wandern, ein paar Städte besichtigen. Außerdem haben wir eine andere deutschsprachige Gemeinde besucht, und auch Marbella und Málaga haben uns wirklich gut gefallen.

MM: Für wie viele Jahre ist Ihr Einsatz auf den Balearen angelegt? Gibt es dabei eine feste Amtszeit, vergleichbar mit der von Konsuln?
Braun: Wir wurden ursprünglich für sechs Jahre gewählt, und diese Zeit hätte eigentlich nächstes Jahr geendet. Aber im gegenseitigen Einvernehmen haben wir jetzt noch einmal um drei Jahre verlängert. Seit gestern haben wir das auch schriftlich. Mündlich war es schon seit ein paar Monaten klar, aber dass es jetzt offiziell bestätigt. ist, ist natürlich wunderbar. Klar, musste die Gemeinde zustimmen, und auch der Kirchenvorstand war beteiligt. Wir haben unseren Wunsch geäußert, und auch die Evangelische Kirche in Deutschland, die EKD, hat dem zugestimmt. Darüber freuen wir uns sehr, dass alles so gut geklappt hat.

MM: Der Krieg vor den Toren Europas bewegt viele Menschen. Welche Haltung und welche Handlungsmöglichkeiten ergeben sich daraus aus christlicher Sicht?
Braun:
Zunächst einmal haben wir im Januar immer die ökumenische Woche der Einheit. Dabei treffen wir sowohl Vertreter der ukrainischen Kirche als auch der russisch-orthodoxen Kirche hier auf Mallorca. Wir feiern gemeinsam Andachten und auch Gottesdienste in der Kathedrale zusammen mit dem katholischen Bischof. So begegnen sich Menschen aus Russland und der Ukraine. Wir sind also gar nicht weit davon entfernt, Brücken zu bauen.

MM: Ella Mechels, haben Sie als junge Frau manchmal den Eindruck, dass sich Geschichte wiederholt? Welche Rolle spielt der Glaube heute noch in der jungen Generation?
Ella Marlene Mechels:
Ja, auf jeden Fall. Gerade bei den Menschen in meinem Alter spielt Christentum oder Religion oft kaum noch eine Rolle. Für mich geht es nicht nur darum, ob Gott real ist oder nicht, sondern vor allem darum, wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen und die christlichen Werte im Alltag leben. Wie behandle ich meinen Nachbarn, und wie möchte ich selbst behandelt werden? Das sind für mich viel wichtigere Fragen. Ich finde es schade, dass gerade in Deutschland so wenig davon zu spüren ist.
Braun: Meine Erfahrungen hier vor Ort sind ganz anders. Ich erlebe viele junge Menschen, die zu uns kommen und nach Gott suchen. Gerade jetzt haben wir eine Konfirmandengruppe von Jugendlichen zwischen 13 und 14 Jahren. Sie kommen von der ganzen Insel und sind auf der Suche nach Orientierung und nach einem tieferen Sinn im Leben. Mit ihnen führen wir Gespräche, diskutieren miteinander, fragen, welche Rolle Gott in ihrem Leben spielt, sprechen über Krieg und Frieden oder über die Verantwortung für die Bewahrung der Schöpfung. Dabei sind es nicht nur die Jugendlichen selbst, immer sind auch ihre Familien mit eingebunden.

Martje Mechels und Holmfried Braun luden MM zu Kaffee und Kuchen ins Pfarrhaus ein. Dabei zeigte die Pfarrerin einen Mallorca-Kalender für das Jahr 2026, der mit Kunstwerken deutscher Gefängnisinsassen gestaltet ist. (Foto: PL)

MM: In einer Gesellschaft, die sehr auf Individualisierung setzt, können Isolation und Einsamkeit schnell auftreten. Trifft das auch auf die deutschsprachigen Bewohner der Insel zu?
Martje Mechels:
Wir sind gemeinsam mit der Stiftung Herztat sehr intensiv in diesem Thema aktiv und können derzeit auf etwa 50 Patinnen und Paten zählen. Viele von ihnen kümmern sich um ältere Menschen, die beispielsweise einen Partner verloren haben oder aufgrund ihres Alters nicht mehr mobil sind, etwa weil sie nicht mehr Auto fahren können. Dabei entsteht sehr viel herzergreifende Arbeit, die ich persönlich ganz wunderbar finde. Wir versuchen zudem, niedrigschwellige Angebote für deutsche Residenten zu schaffen, damit man uns unkompliziert erreichen kann, sei es telefonisch oder über unsere Webseite. Außerdem bieten wir Aktivitäten wie Wandern oder "Männerkochen" an. Ich kann nur sagen, dass wir eine wachsende Kerngemeinde sind. Momentan zählen wir etwa 500 Mitglieder, und jedes Jahr kommen neue hinzu. Für uns als evangelische Gemeinde auf den Balearen ist das eine wunderbare Bestätigung unserer Arbeit.

MM: Wie sieht Ihre Arbeit mit den deutschen Insassen im Gefängnis auf Palma aus? Haben Sie die Gelegenheit, sie persönlich zu besuchen?
Braun:
Wir gehen mindestens einmal im Monat ins Gefängnis. Momentan sind wir ein Team von sieben Personen, wir zwei Pfarrer und fünf Ehrenamtliche ... und achten darauf, dass wir regelmäßig hingehen. Dabei bilden wir immer Zweierteams und bieten den deutschsprachigen Gefangenen einen Besuchstermin an. Sie können diesen Termin annehmen oder ablehnen, aber aus meiner Erfahrung wird er fast immer wahrgenommen. Die Gefangenen freuen sich sehr über den Kontakt, die Gespräche, einfach jemanden zu sehen und Deutsch zu sprechen. Zurzeit sind es neun Gefangene hier auf Mallorca, zusätzlich gibt es noch einen auf Ibiza, der von zwei weiteren Ehrenamtlichen betreut wird.

MM: Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Wie haben Sie beide zueinandergefunden?
Martje Mechels:
Ich erinnere mich noch genau. Es war ein großer Hörsaal an der Uni in Hamburg, wo wir beide zum Hauptstudium, also zum Theologiestudium, gewechselt sind. Beim Semesteranfang haben wir uns dann so ein bisschen kennengelernt. Wir hatten eine gemeinsame Vorlesung, die viermal die Woche morgens um acht stattfand. Ich habe mich immer neben ihn gesetzt, wenn der Platz noch frei war. Es war ein riesiger Hörsaal mit hunderten von Plätzen, viele davon leer, aber er saß meistens ganz hinten am Rand. Da er oft aufstehen musste, weil er gerne geraucht hat, habe ich mich einfach neben ihn gesetzt. So fing das alles an.
Ella Mechels: Übrigens haben wir auch eine richtig tolle Weihnachtstradition. Früher war Weihnachten immer ziemlich stressig mit all den Gottesdiensten, und an Heiligabend gab es meistens nur Nudelsalat und Würstchen. Heute, wo wir mehr Zeit haben, weil die anderen erwachsenen Geschwister schon arbeiten, haben wir beschlossen: Jetzt muss es richtiges Weihnachtsessen geben, und wir kochen gemeinsam. Papa macht selbstgemachte Spätzle, und an einem anderen Tag gibt es sogar Entenkeulen und Hirschgulasch. Auch eine echte Nordmantanne haben wir aufgestellt. Außerdem gestalten wir das private Weihnachtesprogramm spannend. Wir machen zum Beispiel ein Krimi- Dinner oder gehen in einen Escape Room in Palma, also alles lustig und kreativ.

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