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Immer geöffnet und kostenlos: Hier finden Sie Mallorcas größtes Museum

In Palma gibt es reichlich Kunst im öffentlichen Raum. Viele große Namen sind vertreten, MM verrät, wo sich manche Werke verstecken

An zahlreichen Ecken von Palma de Mallorca, wie hier im Parc de la Mar vor der Kathedrale, findet man Kunstwerke unter freiem Himmel | Foto: Jonas Martiny

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Noch sind die neu gepflanzten Mastix-Sträucher im Garten des Kulturzentrums La Misericórdia kaum einen halben Meter hoch. In der runderneuerten Anlage an der Via Roma in der Altstadt von Palma de Mallorca sind daher die Skulpturen, die dort im Schatten unter Platanen und einem enormen Gummibaum stehen, die unbestrittenen Protagonisten. Wie etwa das zum Sprung ansetzende Raubtier von Antoni Ferragut („Animals en Acció II”, „Tiere in Aktion”), der schmale, hohe Bücherturm von Bill Woodrow („History Lessons”, „Geschichtsstunden”) oder die einem Talayot nachempfundene Steinstele von Joan Costa („L’Origen”, „die Herkunft”). Sämtliche Skulpturen sind mit Informationstafeln ausgestattet, aus denen Werk, Autor und Entstehungsjahr hervorgehen. Nagelneue Bänke laden zum Dasitzen und Schauen ein.

Was die Kunst im öffentlichen Raum angeht, braucht sich Palma vor den meisten anderen spanischen Städten nicht zu verstecken, findet Blanca Castaldo vom mallorquinischen Denkmalschutzverein Arca. Eine solche Vielfalt lokaler, nationaler und internationaler Künstler gebe es kaum irgendwo anders. Dabei seien in Palma sämtliche künstlerischen Strömungen des 20. Jahrhunderts vertreten. „Ein Grund dafür ist, dass die Insel seit jeher Künstler aus aller Welt anlockt”, sagt Castaldo. „Viele von ihnen blieben über Jahre und entwickelten eine tiefe Beziehung zu Mallorca.” Immer wieder habe die öffentliche Hand deshalb Kunstwerke gekauft und auch Schenkungen gab es wiederholt.

Kunst, so weit das Auge reicht, gibt es in der Inselhaupstadt zu entdecken. Fotos: jm

Und so gleicht Palma heute einem einzigen großen Freilichtmuseum. Das ist vor allem der Sommer-Universiade von 1999 zu verdanken, die in Palma stattfand. Im Vorfeld der Welthochschulspiele entschied man damals nämlich, eine ganze Reihe von Werken namhafter Künstler anzuschaffen und in der Stadt auszustellen. Palma sollte sich der Welt als wahre Metropole präsentieren, so die Überlegung der Stadtoberen, die zu dem Zweck keine Kosten scheuten.

Seitdem aber sind viele Jahre vergangen – und das sieht man. Viele der damals angeschafften Skulpturen sind heute in erbarmungswürdigem Zustand. Das gilt etwa für einige der Kunstwerke am Passeig Mallorca. Die knallrote, von Schmierereien verschandelte Plastik des Argentiniers Marcel Martí („Dull”, „Langweilig”) zum Beispiel verliert am Sockel nach und nach ihre Farbe. Von weiteren Skulpturen namhafter Künstler, die dort im ewigen Zwielicht unter dichtem Laubwerk, zwischen parkenden Autos und dem Sa-Riera-Kanal stehen, nimmt kaum jemand Notiz.

Von der Bronzeskulptur des Bildhauers Wolf Vostell („Nike”) etwa ist angesichts des dichten Blätterdaches kaum etwas zu erkennen. Zumindest gibt es eine kleine Infotafel, aus der hervorgeht, worum es sich handelt. Wer ganz genau hinsieht, entdeckt eine solche auch am Sockel des Kunstwerks von Manuel Mompó („Porta del Mar”, „Tor zum Meer”), das allerdings aufgrund seines unvorteilhaften Standortes und seines heruntergekommenen Aussehens von kaum jemandem als solches erkannt werden dürfte.

Dieses Werk nennt sich im Volksmund "Das umgedrehte Haus".

Dass sich ein Teil der Skulpturen in Palma in schlechtem Zustand befindet, beklagt auch Blanca Castaldo. Viele der Materialien, mit denen die Künstler arbeiteten, seien nicht dafür geeignet, dauerhaft der Witterung ausgesetzt zu sein. „Hier müsste es strengere Richtlinien für ihre Erhaltung und Restaurierung geben”, fordert sie. Das prominenteste Beispiel für den Verfall der Kunst im öffentlichen Raum ist die wuchtige Skulptur von Eduardo Chillida am Beginn der Rambla („Lugar de encuentro V”, „Treffpunkt V”). Der bröckelnde Zement und die darunter zutage tretende Eisenkonstruktion sprechen für sich.

„Wir alle wissen, dass Politiker gerne Einweihungen vornehmen”, sagt Castaldo. „Aber sie sollten dabei nicht ihre Pflicht vergessen, unser Kulturerbe zu verwalten und zu erhalten.” Schon vor Jahren habe der Denkmalschutzverein Arca konkrete Handlungsempfehlungen formuliert. Dazu gehören die regelmäßige Überprüfung des Zustands der Kunstwerke sowie die ständige und vorbeugende Instandhaltung. Man dürfe nicht abwarten, bis die Skulpturen in schlechtem Zustand sind und aufwendig restauriert werden müssen. „Dazu ist ein Mindestbudget und die Überwachung durch Fachleute erforderlich.”

Hinzu kommt aber noch ein weiteres Problem. In den vergangenen Jahren hat auch der respektlose Umgang mit den Kunstwerken zugenommen: Hundehalter lassen ihre Tiere an die Skulpturen urinieren und Eltern ihre Kinder darauf herumklettern. Dazu kommt der Vandalismus. Viele der Kunstwerke sind beschmiert, einige beschädigt. Eine Skulptur des Künstlers Andreu Alfaro etwa, die lange Zeit an prominenter Stelle gleich unterhalb der Kathedrale stand, wurde im Laufe der Zeit von Passanten so schwer beschädigt, dass sie abgebaut werden musste. Der aus Valencia stammende Künstler schuf auch die Stahlkonstruktion, die ebenfalls im Parc de la Mar aus dem dortigen künstlichen See ragt („Línies al vent II”, „Linien im Wind II”).

Bei der Stadt, in deren Besitz sich die meisten der Skulpturen befinden, bemüht man sich seit einiger Zeit verstärkt um den Erhalt der Kunst im öffentlichen Raum. Vor allem Graffiti werden konsequenter entfernt, als zuvor. Das sieht auch Blanca Castaldo so. „Die derzeitige Stadtverwaltung widmet sich verstärkt dem Thema”, sagt sie. „Das macht sich bemerkbar.” Es scheine eine höhere Sensibilität zu geben. Allerdings komme es immer wieder auch zu politisch motiviertem Vandalismus gegen bestimmte Kunstwerke. „Es muss sich noch zeigen, ob über die Reinigung hinaus weitere Maßnahmen dagegen ergriffen werden”, sagt sie.

Instandhaltung und Restaurierung aber sind nicht alles. Auch die Wahl des Standorts, Beleuchtung und Beschilderung der Kunstwerke dürfe man nicht vernachlässigen, so Palmas Denkmalschützer. Man müsse jeder Skulptur den Stellenwert geben, den sie verdient. „Am geeigneten Ort aufgestellt, werden die Kunstwerke so zu Wahrzeichen oder Bezugspunkten für die Menschen, die sie erleben, fotografieren, sich in ihrer Nähe aufhalten, sie sich zu eigen machen und den Räumen der Stadt Bedeutung verleihen”, so Castaldo. Das sei gerade im Zeitalter der Globalisierung eine Möglichkeit, die Stadt aufzuwerten und von anderen zu unterscheiden. „In diesem Sinne ist es schmerzlich zu sehen, wie einige wunderbare Skulpturen unbemerkt bleiben oder ohne Rücksicht von einem Ort zum anderen verfrachtet werden.”

Das gilt etwa für die Skulptur von Pere Martínez „Pavia” („La parella”, „das Paar”), die ihren Platz einst an der weiterführenden Schule nördlich der Altstadt hatte, dann aber während des Baus eines Parkhauses weichen musste. Nun steht sie ohne jede Ausschilderung ziemlich verloren auf der mickrigen Rasenfläche der Plaça de la Porta del Camp unweit des Baluard des Princep. Gleich daneben führt ein Trampelpfad entlang. Vom einstigen Glanz der vergoldeten Bronze ist nichts mehr übrig. Selbst ein großer Name wie Joan Miró bekommt nicht immer, was ihm gebührt: Eine seiner Skulpturen steht unbeachtet von den meisten Passanten an der Einkaufsstraße Jaume III („Personatge”, „Person”).

Dass man in Palma gewillt ist, der Kunst im öffentlichen Raum mehr Protagonismus einzuräumen, zeigt die Gestaltung des Gartens rund um das Kulturzentrum La Misericòrdia, die auch Blanca Castaldo als gelungen lobt. Die Skulpturen seien gut beleuchtet, beschildert und nicht mehr überwuchert, wie bisher. „Wie bei jedem neu angelegten Garten muss man den Pflanzen aber Zeit zum Wachsen geben”, sagt sie. Erst dann könne man ein endgültiges Urteil fällen.

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