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„Zu uns kommt kaum ein Tourist”: Diese Lokale in Palma sind wunderbar authentisch!

Wer dem von Urlaubern beherrschten Alltag in Palma kulinarisch eine lange Nase machen möchte, kann Lokale aufsuchen, in die in der Regel nur Einheimische finden. MM wagt ein Abtauchen in die Authentizität

Auch im Restaurant "La Sepia" wird man rustikal gemästet | Foto: Patricia Lozano

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Es ist der angenehm dünne Teig, der den Geschmack der vier Käsesorten besonders hervortreten lässt, das kulinarische Faszinosum erzeugt im Gehirn und am Gaumen eine Art Wonnegefühl – nicht michelin-like, aber immerhin. Das Essens-Erlebnis erwartet einen in der Pizzería Ángela (C./Marqués de la Fontsanta), und das für schlappe 7,95 Euro, ein Schnäppchenpreis in der überteuerten Restaurantlandschaft von Palma. „Hier kommen kaum Touristen hin”, trällert die Kellnerin, die hier schon seit Jahren Dienst schiebt. „Das ist ein Lokal für die normalen Leute von hier.” Also auch nicht für sogenannte „pijos” – spanische Schickimickis. Das in familiär-rustikaler Atmosphäre über die Bühne gehende Geschmacks-Happening ist so ganz anders als dasjenige sieben Gehminuten weiter an der Olmos-Fußgängerzone, wo naiven Urlaubern für viel mehr Geld dicke und geschmacksneutrale Fladen als Pizzen verhökert werden. Dass sich an Wochenenden gegen 13.45 Uhr regelmäßig Schlangen vor dem seit ewigen Zeiten nahe dem Ses-Estacions-Park befindlichen Ángela-Lokal bilden, ist angesichts der dort ebenfalls servierten Paellas keine Überraschung.

Die Pizzeria gehört zu einer Reihe von Restaurants in der Balearen-Kapitale, wo man zu vernünftigen Preisen auch in kurzen Hosen, unrasiert und T-Shirt nicht nur magenfüllend, sondern auch mit angespitzten Sinnen zur eigenen Zufriedenheit speisen kann. Altväterlich eingerichtet, wie diese den Alteingesessenen fast ihr ganzes Leben bekannten Restaurants in der Regel sind, fühlt man sich hier wie in der eigenen Wohnstube – weit weg von ausländischen Urlaubern, die überteuerte 0815-Getränke und -Gerichte in Gastbetrieben zu sich nehmen, die vielleicht drei Monate existieren, bis dass die Pleite kommt.

Bei Miki und Andra wird man finanziell nicht gefleddert

Ein weiteres dieser nur Eingeweihten bekannten Lokale mit Stallgeruch ist die Cafeteria San Vicente an der Alfons-Magnànim-Ausfallstraße 55. Wer bei den Betreibern Miki und Andra ein Toast-„Bocadillo” mit Burgos-Käse, Tomatenscheiben und Avocadostücken vertilgt, fühlt sich finanziell alles andere als gefleddert. 5,30 Euro kostet der Spaß, mehr nicht. Will man zum San Vicente, muss man sich in Palma allerdings auskennen und willens sein, die Touristenzone hinter sich zu lassen. Dann ist man auf einmal weit weg vom durchgentrifizierten Altstadtkern, mitten im Leben der „Palmesanos”.

In den Reigen der rustikalen Stadt-Restaurants reiht sich auch das etwas teurere La Sepia an der Carretera de Valldemossa 34a ein, wo man Fleisch- und 
Fischgerichte zwischen 11,50 und 14,90 Euro und das Schweineschwarten-Erlebnis „Torrezno de Soria” schon für 7,80 Euro bekommt. Wirt Giranildo wirbelt hier so behende zwischen den Tischen, als gebe es kein Morgen. Weniger Geld wird man im Perro Loco (verrückter Hund/C. Port de Cariño 4) unweit der Plaza Madrid los, wo liebevoll garnierte Hot Dogs für teils unter acht Euro zu haben sind. Der Chinese Shi Shan Xuan nahe der Plaza de las Columnas (MM-Tipp: Quallensalat) liegt auf dem gleichen erträglichen Preisniveau. Gut gefüttert wird man auch in der Bar Mavi (c/. 31. de Diciembre), die genauso wie die Kathedrale zum Palma-Inventar gehört: 13,95 Euro kostet das aus drei Gängen und Getränk bestehende Menü mit Linsensuppe oder Fideua und Tintenfischringen oder würzigem Schweinefilet derzeit. Wer es etwas bescheidener mag, möge „Variats” (mallorquinische Tapas) kosten.

Wiewohl in den genannten Lokalen nicht Michelin-Standard erreicht wird, muss man nicht anspruchsvoll sein, um die Qualität der Speisen goutieren zu können. Wie bei Muttern wird man gemästet, aber nicht in den siebten, sondern nur vierten kulinarischen Himmel geschossen. Dennoch: Auch eine gemütliche Atmosphäre ist ein Wert an sich.

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