Einen Tag nach dem Tod mehrerer Bootsmigranten, die sich auf dem Weg von Algerien auf die Balearen befanden, schlagen die politischen Wellen hoch. Die balearische Ministerpräsidentin Marga Prohens (Volkspartei PP) kündigte am Donnerstag an, gegen die von der spanischen Regierung geplante Umverteilung minderjähriger unbegleiteter Migranten vor dem Obersten Gerichtshof Spaniens zu klagen und deren vorläufige Aussetzung zu beantragen.
Prohens berief eine Dringlichkeitssitzung mit den Präsidenten der vier Inselräte ein, um die sich verschärfende Migrationskrise zu erörtern. Seit Anfang August kamen nach offiziellen Angaben 2.192 Menschen mit Booten an den Küsten der Balearen an, seit Jahresbeginn etwa 4.800 Personen – fast so viele wie im gesamten Vorjahr. Die Inselrat von Mallorca betreue derzeit 680 minderjährige Migranten, sagte Prohens. Mehr als 300 seien allein in diesem Jahr dazugestoßen.
Die "dramatischen Zahlen" unterstrichen das Ausmaß der Krise, so die balearische Regierungschefin. Während 2016 gerade mal zwei Flüchtlingsboote die Inselgruppe erreichten, waren es 2024 bereits 330 – ein Anstieg um 16.400 Prozent. „Die Zahlen sind alarmierend", sagte am Donnerstag der Generaldirektor für Migration, Manuel Pavón. Er forderte strukturelle Lösungen statt "provisorischer Maßnahmen" und den Einsatz der EU-Grenzschutzagentur Frontex.
Heftige Kritik an der Haltung der balearischen Regierung kam von der spanischen Ministerin für Jugend und Familie, Sira Rego. Die Sozialdemokratin (PSOE) warf Prohens vor, nicht aus Mangel an Mitteln die Zusammenarbeit zu verweigern, „sondern aus Rassismus". Die Balearen hätten nicht einmal an der letzten Konferenz zum Thema teilgenommen, bei der 22 Millionen Euro zusätzliche Mittel bewilligt werden sollten.
Auch Lucía Muñoz von der Linkspartei Podemos in Palma griff die Inselregierung scharf an. Sie beklagte die "Untätigkeit" des balearischen Parlaments angesichts des "humanitären Dramas" und warf Prohens vor, mit der rechtspopulistischen Partei Vox "um Rassismus zu konkurrieren". Ein Sprecher des balearischen Ministeriums für Familie und Soziales wies die Vorwürfe umgehend zurück. Die Einrichtungen für die Aufnahme von minderjährige Migranten hätten bereits "1.000 Prozent mehr Jugendliche aufgenommen als ihrer Kapazität entspricht", teilte die Regionalregierung mit.
Trotz der angekündigten juristischen Einsprüche will die spanische Zentralregierung am 28. August mit der Umverteilung minderjähriger Migranten von den überlasteten Regionen Kanaren, Ceuta und Melilla beginnen. Das Gros dieser Migranten soll in Regionen auf dem spanischen Festland untergebracht werden, aber auch auf den Balearen.