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STUDIEN

Freier bestellen bereits in Deutschland: Prostitution auf Mallorca wandert ins Netz ab

Die Sexarbeiterinnen sind zumeist junge Migrantinnen, die neu auf der Insel sind. Experten zufolge fördert die Digitalisierung der Branche den Menschenhandel.

Jüngsten Studien zufolge verlagert sich die Prostitution vom öffentlichen Raum zunehmend ins Internet | Foto: UH

| | Palma, Mallorca |

Die Prostitution in MallorcasHauptstadt Palma verlagert sich zunehmend ins Internet – mit dramatischen Folgen für die Betroffenen. Gewalt und Risikopraktiken nehmen zu, der Ausstieg wird schwieriger, und die Ausbeutung perfektioniert sich im Verborgenen digitaler Plattformen.

Zu diesem Ergebnis kommen zwei aktuelle Studien von Casal Petit und der Universität der Balearen UIB, die das Rathaus von Palma am Donnerstag auf einer Fachtagung vorstellte. Die Untersuchungen zeichnen ein deutliches Bild der Prostituierten in der Stadt: Es sind überwiegend junge Migrantinnen, oft ohne Papiere und erst kurze Zeit auf der Insel.

Für die erste Studie analysierte der Soziologe Lluís Ballester 27 digitale Plattformen und 776 Profile. Danach habe sich die Prostitution aus sichtbaren Clubs in private Wohnungen und vor allem ins Internet verlagert. Zugleich nehme die Prostitution unter Minderjährigen zu, wobei Pornografie als "Einstieg" wirke. Die Digitalisierung trage dazu bei, "das Modell des Menschenhandels zu perfektionieren", heißt es in der Studie.

Die Folgen für die Betroffenen sind gravierend. Jaume Perelló von Casal Petit berichtete von 25 Interviews mit Sexarbeiterinnen, Transsexuellen und Männern. "Eine erzählte uns, dass ihr größte Angst Dienstleistungen auf Booten seien, weil man dort dem Freier völlig ausgeliefert sei", sagte Perelló. Viele Prostitutierte litten unter Schlafstörungen, Depressionen und Suizidgedanken. Die meisten würden aussteigen, sobald sie könnten.

Die Kunden seien mehrheitlich junge Spanier mit mittlerem Einkommen, 12,5 Prozent Touristen. "Man kann heute aus Deutschland einen Service auf Mallorca à la carte buchen – mit Zeitpunkt, Preis und Ort", erklärte Perelló. Gefordert würden zunehmend pornografiebasierte Risikopraktiken.

Die Expertin Rosa Cobo ordnete das Phänomen historisch ein. Seit den Siebziger Jahren sei die Prostitution "maßlos gewachsen" – befeuert durch "neoliberalen Kapitalismus und patriarchale Gegenreaktionen". Für die Zukunft erwartet sie wenige Gutes: "Die Dezentralisierung der Prostitution steht erst am Anfang."

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