In der aktuellen geopolitischen Lage gewinnt die Insel Mallorca – und mit ihr der gesamte Balearen-Archipel – zunehmend an Bedeutung für die NATO und Europa. Das Mittelmeer ist wieder Brennpunkt internationaler Spannungen, und die Insel liegt genau dort, wo sich die Interessen überschneiden. Damit befasst sich die spanischsprachige MM-Schwesterzeitung Ultima Hora an diesem Sonntag.
Wie Militärquellen gegenüber dem Blatt bestätigten, hat die Kombination aus dem andauernden Krieg in der Ukraine, der mittlerweile ins vierte Jahr geht, und den jüngsten Eskalationen im Nahen Osten Mallorca auf die Landkarte militärischer Planung gesetzt. „Die Insel hat heute ein strategisches Gewicht, das sie seit Jahrzehnten nicht mehr hatte“, so ein Insider.
Besuch eines Giganten
Ein deutliches Signal war Anfang Oktober die Ankunft der USS Gerald R. Ford in der Bucht von Palma – des größten und modernsten Flugzeugträgers der Welt und Flaggschiffs der US-Marine. Offiziell handelte es sich um einen Routinebesuch, doch in Wirklichkeit war der Aufenthalt des nuklear betriebenen Kolosses mit mehr als 4.500 Besatzungsmitgliedern und rund 90 Kampfflugzeugen alles andere als zufällig.
„Ein solcher Träger kann eine Feuerkraft entfalten, die mit keiner anderen Waffe vergleichbar ist. Allein er könnte viele Armeen der Welt ausschalten“, erklärte eine militärische Quelle, die anonym bleiben wollte. Der Aufenthalt des Giganten war somit nicht nur logistischer Zwischenstopp, sondern auch eine symbolische Machtdemonstration in bewegten Zeiten.
Neuer Bunker auf der Luftwaffenbasis
Nur wenige Tage später folgte die nächste Nachricht: Das spanische Verteidigungsministerium plant noch vor dem Sommer den Bau eines neuen Bunkers auf dem Luftwaffenstützpunkt Son Sant Joan. Dort sollen künftig Bomben und Raketen der spanischen Luftwaffe und der NATO gelagert werden.
Das unterirdische Bauwerk, das gegen direkte Treffer gesichert ist, gilt als hochkomplexes Ingenieurprojekt. Mit seiner Fertigstellung wird auch die Sicherheitsüberwachung rund um den Flughafen von Palma deutlich verstärkt werden müssen.
Geschichte wiederholt sich
Die strategische Bedeutung Mallorcas ist nicht neu. Schon während des Spanischen Bürgerkriegs nutzten italienische Streitkräfte die Insel als Luft- und Marinestützpunkt. Auch während des Kalten Krieges galt der Archipel als potenzieller Vorposten im westlichen Verteidigungssystem. Heute, in einer Zeit wachsender Unsicherheiten, erlebt diese Rolle eine unerwartete Renaissance.
„Nach der russischen Invasion in der Ukraine hat sich alles verändert“, heißt es aus militärischen Kreisen. Während früher Sparmaßnahmen viele Projekte verhinderten, scheinen nun wieder Mittel und Motivation vorhanden zu sein, um Infrastruktur zu modernisieren und auszubauen.
Keine „Militarisierung“ der Inseln
Trotz der jüngsten Entwicklungen wollen offizielle Stellen jedoch nicht von einer „Militarisierung“ der Balearen sprechen. „Spanien ist Mitglied der NATO und der Europäischen Union“, so eine Quelle aus dem Verteidigungsministerium. „Es ist völlig normal, dass in bestimmten Momenten Einrichtungen modernisiert oder Verteidigungsmaßnahmen angepasst werden. Das bedeutet aber nicht, dass die Inseln zu einem Militärstützpunkt werden.“
Was bleibt, ist ein spürbares neues Interesse an Mallorca – nicht nur als Urlaubsziel, sondern als strategischer Punkt mitten im Mittelmeer. Die Insel, so scheint es, ist wieder auf der Weltkarte angekommen – diesmal nicht wegen Sonne, Strand und Sangría, sondern wegen ihrer geopolitischen Lage.