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Beliebteste Feiermeile Mallorcas: Wo die Deutschen Urlaub machen – und die ärmsten Einheimischen leben

Deutschlands liebster Ferien- und Partyort ist das Armenhaus Palmas. Während Touristen Mojitos schlürfen, kämpfen Residenten ums Monatsende

Ein Kellner in einem Restaurant an der Playa de Palma. El Arenal ist der ärmste Teil von Palma de Mallorca. (Symbolbild) | Foto: Archiv

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Tagsüber tobt in El Arenal auf Mallorca während der Hochsaison das Leben wie in einem überhitzten Bienenstock: Flip-Flops klatschen über heißen Asphalt, Lautsprecher röhren Ballermann-Hymnen, und zwischen Sangría-Eimern und Dönerständen rollen Koffer über die Gehewege. Doch hinter der Fassade aus Sonnenschirmen und Bierbänken verbirgt sich eine bittere Wahrheit – hier, wo Millionen Deutsche Urlaub machen, leben Palmas ärmste Bewohner.

In Palmas Innenstadt verdienen Einwohner mehr als das Doppelte

Laut einer neuen Statistik der spanischen Steuerbehörde beträgt das durchschnittliche Jahreseinkommen im Viertel El Arenal gerade einmal 25.607 Euro. Das ist weniger als ein Drittel dessen, was im feinen Sant Jaume, Palmas reichstem Viertel im Altstadtzentrum, verdient wird – dort klingeln im Schnitt 69.523 Euro in der Kasse. Eine Kluft von fast 44.000 Euro, die sich in nur wenigen Kilometern Luftlinie auftut.

Wer nach Palma reist, sieht sie selten: die Menschen, die das System am Laufen halten. Reinigungskräfte, Busfahrer, Kellnerinnen – viele von ihnen leben in El Arenal, wo die Mieten höher sind als die Hoffnung. Ein Kellner, der zwölf Stunden am Tag Mojitos mixt, zahlt hier längst mehr Miete als seine Kollegen irgendwo auf dem Festland „Wir schuften in der Sonne, damit andere hier ihre Sonne genießen können“, sagt ein Hotelangestellter gegenüber der MM-Schwesterzeitung „Ultima Hora“ und lächelt gequält. Zwischen Meerblick und Mietkosten klafft ein Abgrund, den selbst der Sonnenuntergang über der Playa nicht mehr übertüncht.

Gleichzeitig fließt das Geld andernorts – in Nou Llevant, wo neue Luxuswohnungen wie Pilze aus dem Boden schießen und die Einkommen um 14 Prozent gestiegen sind. Dort sind die Balkone weitläufig, die Nachbarn deutsch, und der nächste Yachthafen nie weit. In El Arenal dagegen sind Balkone schmal, und der Blick reicht meist nur bis zur nächsten Strandbar.

Eine Stadt – zwei Welten

Die Statistik liest sich wie ein Röntgenbild der Stadt: In Palmas Zentrum, zwischen Monti-Sion, Son Dureta und Cala Major, häufen sich Einkommen zwischen 45.000 und 55.000 Euro. Richtung Süden und Osten bröckelt der Wohlstand, Straße für Straße. Wo der Jetset das Steuer übergibt, beginnt die Zone der Kleingeldökonomie.

Und doch ist El Arenal nicht totzukriegen. Die Bars füllen sich bis Anfang Herbst jeden Abend, die Sonne scheint verlässlich, und selbst der ärmste Anwohner weiß, dass sein Viertel auf der touristischen Landkarte unsterblich ist. Zwischen Plastikbechern und Palmen haben sich Menschen eingerichtet, die gelernt haben, mit wenig auszukommen – im Schatten einer Stadt, die immer glänzender wird. Vielleicht ist El Arenal deshalb so ehrlich. Hier zeigt sich die ganze Widersprüchlichkeit Mallorcas: der Glanz und die Not, das ewige Lächeln und das stille Rechnen am Monatsende. Während in Sant Jaume die Marmorfliesen poliert werden, fegt man in El Arenal den Sand aus dem Wohnzimmer.

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