Die anhaltenden Proteste auf Mallorca gegen den Massentourismus haben viele Urlauber und Auswanderer verunsichert. Während viele Einheimische über explodierende Mieten und eine überfüllte Insel klagen, berichten manche deutsche Residenten von offenen Anfeindungen – andere Bundesbürger wiederum spüren davon gar nichts. MM hat sich am vergangenen Donnerstag unter deutschspachigen Urlaubern und Residenten in Palma de Mallorca umgehört: Wie nehmen sie die aktuelle Stimmung auf der Insel wahr? Erleben sie deutschenfeindliche Übergriffe?
In der Nähe der Plaça del Mercat sind Barbara und ihre Cousine Theresa unterwegs. Die beiden 22-jährigen Münchnerinnen machen mit einem Kreuzfahrtschiff Station in Palma de Mallorca. Es ist nicht ihr erster Besuch auf der Insel. "Die Leute sind sehr aufmerksam und zuvorkommend. Ich fühle mich keinesfalls unwillkommen", betont Barbara. Auch Theresa hat von einer angespannten Stimmung gegenüber Touristen nichts bemerkt: "Das Einzige, was mir auffällt, ist, dass es hier viel voller ist als noch vor ein paar Jahren."
Auf der Rambla, der Flaniermeile im Herzen der Altstadt, schlendern Kathrin und Christian mit ihrem Sohn Nick. Die Familie aus Sachsen verbringt ihren Urlaub im Inselnorden und erkundet die Umgebung mit einem Mietwagen. Ihre Bilanz ist durchweg positiv. "Zum einen ist es hier unglaublich sauber", stellt Kathrin fest. Und Fremdenfeindlichkeit? "Nein, davon haben wir nichts mitbekommen" sagt Christian. Im Gegenteil: Die Einheimischen hätten sich ihnen gegenüber äußerst aufgeschlossen gezeigt. "Hier sind die Menschen freundlicher als in Deutschland. Wir haben überhaupt nicht das Gefühl, unerwünscht zu sein."
Auto von deutschen Residenten beschmiert
Ganz anders die Situation bei Dirk und Viola aus Frankfurt. Die beiden Deutschen leben seit mehreren Jahren in Santanyí im Südosten Mallorcas. Vor etwa sechs Monaten wurde das Auto der Residenten gezielt beschädigt, sagen sie. "Unser Auto wurde mit Lack übergossen." Dirk ergänzt: "Wir haben einen Verdacht, wer es war – aber keine Beweise. Und wir möchten niemanden ansprechen. Es ist uns zu riskant." Auch Immobilienbüros in dem Ort sind vor einiger Zeit zur Vandalismus-Zielscheibe geworden.
Das deutsche Residenten-Paar spürt eine auf Mallorca zunehmende Ablehnung gegenüber ausländischen Residenten. Dennoch zeigen die beiden Verständnis für die Sorgen der Einheimischen: "Die Insel ist überfüllt. Und leider gibt es viele Deutsche, die sich hier niederlassen, aber weder Spanisch sprechen noch sich in die Kultur integrieren", sagt Dirk. Trotzdem sehen sie in den Vorkommnissen bislang eine Ausnahme. "Die Mehrheit der Mallorquiner ist nicht feindselig – das darf man nicht vergessen." Ihr Bild mögen die beiden leider nicht in der Zeitung sehen.
Auch viele andere Urlauber bestätigen eine freundliche Atmosphäre. Erika aus Schweden ist mit ihren beiden Söhnen an der Plaça de la Reina in Palma de Mallorca unterwegs. Sie hat zwar von den Protesten gehört, selbst aber nur positive Erlebnisse gemacht. "Die Menschen sind herzlich. Ich komme gerne wieder."
Melanie und Udo aus der Wiener Neustadt verbringen gemeinsam mit Tochter Elena acht Tage auf der Insel. Ihr Fazit fällt durchweg positiv aus. "Wir haben viele kleinere Orte besucht, sind viel herumgefahren und haben die Einheimischen als sehr offen und freundlich erlebt", erzählt Melanie. "Wir haben uns jederzeit willkommen gefühlt."
Trotz einzelner Vorfälle, die sich gegen ausländische Residenten richten: Die meisten deutschsprachigen Urlauber scheinen sich von der angespannten Debatte um den Tourismus nicht abschrecken zu lassen. Doch der wachsende Unmut auf der Insel macht deutlich, dass die Diskussion um nachhaltigen Tourismus auf Mallorca erst am Anfang steht.