Wenn Gerrit Haude morgens in den Yachthafen von El Arenal kommt, liegt sein Boot, "The Phoenix", ruhig im Wasser. Die Sonne glitzert auf dem Deck, Möwen kreisen über dem Hafen und die ersten Passagiere stehen schon am Steg. Für ihn ist dieser Anblick längst Alltag – und doch etwas Besonderes.
Der Gedanke, nach Mallorca auszuwandern, entstand bei Haude bereits vor etwa 30 Jahren. Immer, wenn er mit seiner Familie die Insel besuchte, wurde der Wunsch stärker, hier ein neues Leben zu beginnen. Ein wichtiger Impuls war die schwere Krankheit von Ela Haude während der Coronakrise. In Deutschland hatte sie die Nebenwirkungen der Therapie und Medikamente stark gespürt, vor allem die Belastung für die Knochen durch das kalte Klima. "Ich habe hier weniger Schmerzen", sagt die 42-Jährige über das milde Klima, das ihr die Behandlung deutlich erleichtert.
"Wir tauschten 185 Regentage gegen 300 Sonnentage aus"
Bevor die Haudes auswanderten, lebten sie in Hamburg. Er arbeitete dort als Werbetechniker, sie führte ein Nagelstudio. Als sie eines Abends einen Videocall mit einem nach Mallorca ausgewanderten Freund machten, fiel die Entscheidung plötzlich ganz schnell. "Wir saßen fröstelnd vor dem Kamin und sahen auf dem Bildschirm, wie unser Bekannter während unseres Gesprächs in Badehose seinen Pool auffüllte", erzählt Haude, heute 51 Jahre alt. "Wir betrachteten den trüben Himmel draußen und dann den klaren Himmel Mallorcas auf dem Display." Das war der Moment der Entscheidung und fünf Monate später war die Familie auf die Insel gezogen. "Wir haben alles richtig gemacht und 185 Regentage gegen 300 Sonnentage getauscht", sagt Haude.
Im ersten Jahr hatten Ela Haude und die große Tochter noch Heimweh, inzwischen können sie sich ein Leben in Deutschland nicht mehr vorstellen. Sogar die Schwiegereltern zogen auf die Insel, um ihre Enkelkinder regelmäßig zu sehen. Heute fühlt sich die Familie auf Mallorca angekommen. Haude beschloss, auf der Insel als Skipper zu arbeiten und Bootstouren anzubieten. Zuerst arbeitete er als Angestellter und hatte nicht geplant, mit einem Boot selbständig zu werden.
Der Entschluss zur Selbständigkeit
"Doch dann bin ich durch pures Glück auf das Boot 'The Phoenix' im Yachthafen von El Arenal an der Playa de Palma aufmerksam geworden, und es war um mich geschehen". Lageplatz, Schiffsgröße – alles habe gepasst. Also machte er sich eigenhändig daran, das Schiff zu renovieren, um es für den Charterbetrieb startklar zu machen.
Heute bietet die Familie Haude Bootsausflüge in allen Varianten an. Vormittags- und Nachmittagstouren, Sundowner-Fahrten, Familienausflüge, kleine Gruppen und Exklusivfahrten stehen auf dem Programm. Besonders beliebt ist die Route Richtung Cala Blava. "Die Strecke ist vielen mit dem Boot unbekannt", erklärt Haude. Richtung Palma kennt man schon alles: Hotels, Strände, immer das Gleiche. Auf dieser Route entdeckt man dagegen beeindruckende Felsformationen und Plätze, an denen die Einheimischen ins Wasser gehen. Auch das berühmte, für viele versteckte Hotel Cap Rocat ist von dort aus zu sehen. Ab 650 Euro gleitet die Phoenix mit bis zu elf Gästen hinaus – Schwimmstopps und Getränke inklusive.
Das neue Leben hat das Ehepaar weiter zusammengeschweißt – auch beruflich: Ela Haude kümmert sich um Buchhaltung und Organisation. Für die Haudes ist die Phoenix mehr als ein Boot. "Es ist aus der Asche entstanden, aus dem Nichts, und steht genau wie unser Leben hier für einen Neuanfang", sagt Haude.