Am Flughafen Palma, der sich trotz Ende der Hochsaison noch immer im Vollbetrieb befindet, ist, bleibt die Kantine für die Mitarbeiter geschlossen. Die Ausschreibung für ihre Neuvergabe ist gescheitert, obwohl das Angebot der staatlichen Betreibergesellschaft Aena geradezu historisch einmalig war: Die von ihr geforderte Pacht betrug exakt null Euro – dennoch meldete sich niemand. Denn wer die Kantine für die Beschäftigten des Airports übernehmen möchte, muss eine Schuld von über 400.000 Euro an die gesetzliche Sozialversicherung abtragen, die der vorherige Pächter hinterlassen hat.
In der Zwischenzeit sind die mehr als 15.000 Mitarbeiter des Flughafens höchst unzufrieden, da sie keine Möglichkeit haben, dort zu gemäßigten Arbeitnehmerpreisen – und nicht zu happigen Touristenpreisen – essen oder trinken zu können, berichtete die spanische MM-Tageszeitung Ultima Hora am Sonntag. „Gefangen“ im Flughafengelände, ist für viele Beschäftigte seit Monaten die Brotdose (Tupperware) die gängige Lösung. Cafés und Bars gibt es im Flughafen zwar reichlich, doch kosten die Schinkenbrote dort zwischen 15 und 20 Euro. Um diese finanzielle Belastung der Mitarbeiter zu vermeiden, versucht Aena am Standort Palma schnellstmöglich eine neue Firma für die Kantine zu gewinnen – doch die Altschulden schrecken die Bewerber ab.
Die Firma Menins 96 S.L., die drei Jahre lang die Mitarbeiter-Kantine betrieben hatte, befindet sich inzwischen im Insolvenzverfahren, das nun von der Konkursgesellschaft Lauria Estudio Concursal SLP verwaltet wird. Probleme mit AENA hatte es schon länger gegeben, da Menins 96 die monatliche Miete für die Kantine nicht zahlte. Derzeit finden noch Bauarbeiten in der Kantine statt.
Offen ist auch die Zukunft der 22 Beschäftigten der Kantine. Soledad Vargas, Delegierte der Gewerkschaft UGT in der Kantinen-Belegschaft, erklärt, dass „der Betreiber uns noch Teile des Februarlohns, den gesamten Märzlohn sowie den Urlaub schuldet – also rund 3000 Euro pro Mitarbeiter“. Insgesamt gehe es um fast 70.000 Euro ausstehender Gehälter. Hinzu kämen unbezahlte Rechnungen für Strom, Wasser und Miete. „Niemand will die Kantine übernehmen. Wir Mitarbeiter könnten zwar übernommen werden, aber das gilt eben auch für die Schulden. Und obwohl die Kantine gerade renoviert wird, findet sich kein neuer Betreiber“, bedauert Vargas.
In der Branche heißt es, Menins 96 habe „drei Jahre lang wie ein okkupierender Besetzer (okupa) gewirtschaftet“, obwohl die Tageseinnahmen im Sommer bis zu 4000 Euro betragen hätten. „Am Ende sind wir Arbeitnehmer die Leidtragenden“, kritisiert die Gewerkschafterin.
Während die Preise im Inneren des Flughafens weiter hoch sind – „ein ordentliches Schinkenbrot mit 150 Gramm kostet 20 Euro“, so ein Angestellter einer Cafeteria – habe es in der Kantine belegte Brötchen für vier Euro gegeben. „Und zwar mit Huhn, Speck, Käse, Tomate, Öl – und mit viel Liebe zubereitet“, erinnert sich Vargas. Das Menü habe acht Euro gekostet, „wir kochten sogar hausgemachte Gerichte mit Linsen.“
Rubén Torres, alleiniger Geschäftsführer von Menins 96, weist die Vorwürfe zurück und betont, dass nun alles in den Händen des Insolvenzverwalters liege. „Wir unterlagen vielen Zwänge. Wenn man die Preise deckelt, die Kosten steigen, der Tarifvertrag im Gastgewerbe steigt, und man das Essen nicht teurer machen darf … dazu kam die Pflicht, zusätzliches Personal einzustellen, während eine Vertrauensperson mich bestohlen hat“, klagt Torres. Der Unternehmer, selbst Anwalt, wehrt sich auch gegen den Vorwurf, ein „okupa“ gewesen zu sein, und erklärt, dass die ausgeschriebene Lizenz, die nun gerichtlich anhängig sei, keine Miete vorsah. „Eigentlich hätte ich die Kantine gerne weiter zu fairen Preisen betrieben, aber bei dieser Ausschreibung spielten viele Interessen eine Rolle. Die Tentakel von AENA sind sehr mächtig.“
Die inzwischen liquidierte Firma Menins 96 S.L. hatte zuvor auch andere Konzessionen inne, die sie aufgeben musste, „um die Firma nicht noch weiter ins Schleudern zu bringen“. Dazu gehörten das Flughafenrestaurant in Valencia und die Kantine der Guardia Civil-Kommandantur. Für die Beschäftigten am Airport steht unterdessen nur eines fest: Wann sie zur Schichtpause mal wieder zum Essen in der Kantine landen können, steht in den Sternen. Lesen Sie auch den MM-Kommentar Palmas Airport ist zu einem Moloch mutiert